PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Bargeld erscheint in Zeiten von auf Null gefallenen Renditen und Zinsen als zunehmend attraktive Anlagemöglichkeit. Fallen die Zinsen ins Negative, lohnt es, sich die Scheine buchstäblich unter das Kopfkissen zu legen anstatt es auf dem Konto oder Sparbuch immer weniger werden zu lassen. Deshalb verlieren die Zentralbanken bei einer Zinssenkung ihren Einfluss auf die Realwirtschaft, weil die Flucht ins Bargeld ihren Effekt absorbiert, das Geld dem Kreislauf entzieht und einen Fall der Marktzinsen unter Null verhindert. Mit diesem Argument schlug der Ökonom Kenneth Rogoff vor, Bargeld abzuschaffen. Davon abgesehen, dass dieser Ökonom mit seinen Ideen schon einmal großen Schaden angerichtet hat, wäre eine Bargeld-Abschaffung nur eine Symptomtherapie und würde nichts an dem grundsätzlichen Problem der Investitionsschwäche und den Euro-spezifischen Problemen ändern, auf die die Geldpolitik mit dem Leitzins ohnehin keinen Einfluss hat. Zudem ist zu bezweifeln, dass eine Bargeld-Abschaffung tatsächlich negativen Leitzinsen zu Wirkung verhelfen würden, weil absehbar ist, dass die Menschen dann zu anderen Wertaufbewahrungsmitteln ohne investivem Charakter, etwa Gold, greifen würden, die die Zentralbank ebenso wenig wie Bargeld negativ verzinsen kann.

Doch kaum ist das Thema in der Welt, kommen andere Befürworter einer Bargeld-Abschaffung mit weiteren Argumenten um die Ecke. Zunächst einmal der Chef der Deutschen Bank, John Cryan, der Bargeld für einen Anachronismus hält und stellvertretend für eine ganze Branche von Banken und hippen Unternehmen wie PayPal und sog. „Startups“ den Zahlungsverkehr digitalisieren möchte – sicher nicht ganz ohne den nicht ganz uneigennützigen Gedanken, da einen Wachstumsmarkt erschließen zu können. Dass bargeldloser Zahlungsverkehr insbesondere bei Käufen im Internet nicht mehr wegzudenken wäre, ist nicht zu bestreiten. Nicht bestreiten lässt sich jedoch auch, dass der „Anachronismus“ weitaus sicherer ist als ein mit Technik überfrachtetes Zahlungsmittel. Alle bisherige Erfahrung lehrt, dass Digitalisierung neue Sicherheitsprobleme aufwirft und dass Vernetzung Ausfallrisiken systematisiert. Eine größere ökonomische Katastrophe als ein inhärent unsicheres Zahlungssystem oder ein vernetzter Ausfall desselben kann ich mir kaum vorstellen.

Zuletzt möchte nun auch ein SPD-Arbeitskreis durch Abschaffung von 500-Euro-Scheinen Kriminellen das Handwerk legen. Scheine mit hohem Wert sind für umfangreiche Schwarzmarkttransaktionen und zur Aufbewahrung von Schwarzgeld durch ihre Anonymität natürlich von Vorteil gegenüber Bankkonten und Überweisungen. Weil Kriminalitätsbekämpfung immer eine tolle Idee ist, wird dieses Scheinargument uns noch einiges an Diskussion bescheren. Bei genauerem Hinsehen entpuppt sich das Argument jedoch als Blödsinn: Die 500-Euro-Scheine sind vom Nennwert näherungsweise der Nachfolger des 1000-Mark-Scheins. Dieser wurde zusammen mit dem 500-Mark-Schein 1961 eingeführt. Wenn also heute der hohe Wert des Scheins Kriminalität begünstigt, müssten die 60er-Jahre ein Paradies für Wirtschaftskriminalität gewesen sein, entspräche die Kaufkraft eines 1000-DM-Scheins von 1961 doch heute einem 1900-Euro-Schein. Auch für Kriminelle gilt übrigens, dass sie zweifellos Substitute für Bargeld fänden, wenn sie welche bräuchten. Können Politiker nicht einmal über die Angemessenheit und Sachdienlichkeit ihrer Ideen nachdenken? Übrigens beteuern diese Politiker, sie wollten keineswegs eine generelle Bargeld-Abschaffung. Wenn das so ist, sollten sie die Büchse der Pandora nicht öffnen oder Öl in eine von Anderen bereits begonnene Debatte gießen.

Gegenwart