PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Am 24.09.2017 wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Im Endspurt vor der Wahl werde ich mich wöchentlich zu Wort melden, Bilanz der ablaufenden Legislaturperiode ziehen und einen Ausblick auf die Wahl und die Zeit danach geben. Aus dem politischen Stimmungsbild in Deutschland von letzter Woche lassen sich Schlussfolgerungen auf den Ausgang der Wahl und die Bildung der nächsten Regierung ziehen. Daher möchte ich an dieser Stelle eine Prognose wagen, wie die Wahl ausgehen wird (wobei mir natürlich die aktuellen Umfragewerte bekannt sind).

Stärkste Fraktion wird die Union werden – daran besteht kein Zweifel. Ihr Wahlergebnis wird vermutlich knapp unter 40 % liegen – darum sage ich: 38 %. Damit würden CDU und CSU zwar drei Prozentpunkte verlieren, könnte sich aber dennoch als Sieger fühlen – 2013 war ihr Ergebnis von mehr als 40 % vor allem der Schwäche der FDP geschuldet. Personell gibt es daher auch keinen Grund, dass sich bei CDU oder CSU viel ändert.

Die SPD wird ihr drittes Wahldebakel in Folge erleben – nur 23 % (wie 2009, das bisherige Rekordtief) traue ich ihr zu. Zentraler Grund für die insgesamt seit Jahren schwachen Ergebnisse unter 30 % ist natürlich noch immer die Regierungspolitik unter Gerhard Schröder und die Aktivitäten der ersten Merkel-Regierung 2005 bis 2009; Auslöser für das auch gegenüber 2013 schlechtere Ergebnis ist die fehlende inhaltliche Überzeugungskraft ihres Spitzenpersonals und fehlender Wille und Perspektive zur Macht. Dieses Mal ist der Spitzenkandidat so schwach, dass er sogar im Vergleich mit Angela Merkel im TV-Duell schlecht aussah. Mit dem Gejammer über den Stil seiner Konkurrentin hat sich Martin Schulz keinen Gefallen getan; Wehleidigkeit wurde politisch noch nie belohnt. Für das Spitzenpersonal stünde es mit den 23 % Spitz auf Knopf: Wird es schlechter, wird Schulz entgegen seiner Ankündigung als Parteivorsitzender zurücktreten, um Olaf Scholz oder Andrea Nahles Platz zu machen. Ansonsten könnte er den Fraktionsvorsitz übernehmen, so wie schon Steinmeier 2009 nach seiner Niederlage die Fraktion gekapert hat.

Die AfD wird in den Bundestag einziehen, allerdings wohl nicht mit dem von ihr selbst erhofften zweistelligen Ergebnis. Die Chancen, die drittgrößte Fraktion bilden zu können, stehen gut: Ich rechne mit 9,5 %, weil sie das durchaus große Mobilisierungspotential am rechten Rand zwar nicht mehr vollständig ausschöpfen kann, wo die akute Phase der Flüchtlingskrise vorbei ist, aber ihre Kernwählerschaft geschlossen zu der Partei steht. Wäre neben der Flüchtlingskrise auch noch die Eurokrise akut, käme sie locker auf 15%.

Der FDP wird die Rückkehr in den Bundestag gelingen, und dabei möglicherweise sogar stärkste der vier kleinen Parteien werden. Meine Vermutung ist, dass sie 9 % erhalten und ein furioses Comeback feiert. Eine gute Erklärung habe ich dafür nicht, weil ich das Wählerpotential der FDP insgesamt für ziemlich klein halte. Sollte die FDP in Regierungsverantwortung kommen, wird ihr Stimmungshoch schnell verflachen.

Die Linkspartei hat – auch auf Gesamtdeutschland bezogen – eine recht stabile Wählerbasis, mit der sie in den Bundestag einziehen wird, trotz der Schockstarre, in der sich ein Teil ihres Klientels befindet. Ihre Stellung als drittstärkste Fraktion zu behaupten wird schwer, aber möglich. 9 % wären kein schlechtes Ergebnis, aber Feierlaune erzeugt es nur, wenn man dabei drittstärkste Fraktion bliebe.

Auch die Grünen werden im Bundestag landen, allerdings erneut mit einem für sie schlechten Ergebnis. Sie treten mit einem völlig unmöglichen Spitzenduo an, zwei Realos, von denen eine, Katrin Göring-Eckart schon 2013 eine Bundestagswahl als Spitzenkandidatin verloren hat. Ich gehe von 7 % aus, da ein großer Teil der Unterstützerschaft, nämlich der linke Flügel der Grünen, sie dieses Mal kaum noch wählen wird.

Damit ergäbe sich in meiner Prognose ein Bundestag mit 6 Parteien; ein Novum und Kontrast zum gegenwärtigen 4-Parteien-Parlament. In jedem Fall wird es nicht wieder eine so winzige Opposition geben wie gegenwärtig. Rechnerisch möglich und politisch denkbar wären Koalitionen aus Union und FDP (knapp, reicht vermutlich nicht), Union und AfD sowie natürlich Union und SPD – die CDU wird also in jedem Fall mit Angela Merkel als Kanzlerin an der Regierung bleiben. Die Grünen haben nur über „Jamaika“ eine Chance auf Regierungsämter, die aber wohl nur auf dem Papier besteht. Auch wenn der Kanzlerin wohl eine erneute große Koalition nahe liegt, wird sie sicherlich nicht erste Wahl sein – dafür war die bisherige Regierung zu problematisch. Mit der AfD wird unter einer Kanzlerin Merkel keine Zusammenarbeit möglich sein, und die AfD wird auch generell nicht bereit sein, in eine Regierungskoalition einzutreten. Mit den Grünen wird die Basis von CDU und vor allem CSU nicht zusammen gehen wollen. Daher gehe ich von einer neuen Schwarz-Gelben Regierung ab 2017 aus, wenn es dafür reicht – sonst wird es ein Dilemma geben: Die SPD – und vor allem die Basis – wird wenig Lust verspüren, die „GroKo“ fortzusetzen. Ich wage daher keine Prognose, ob es dann wieder Schwarz-Rot gäbe, oder eine Minderheitsregierung Merkel. Ich würde der SPD dann zu letzterem raten.

Einer CDU-FDP-Regierung würde Merkel weiter vorsitzen und Schäuble bleibt Finanzminister. Die FDP wird stattdessen die Schlüsselressorts für Wirtschaft und Äußeres beanspruchen, und ersteres mit Christian Lindner besetzen. Auch die CSU lechzt nach einem Schlüsselministerium, sodass Joachim Herrmann das Innenministerium bekommt. Ursula von der Leyen würde vermutlich ins Arbeitsministerium zurückkehren. Thomas de Maizière könnte in das Verkehrsministerium abgeschoben werden.

In einer neuen großen Koalition blieben viele in ihren alten Ämtern: Merkel sowieso, und Schäuble bliebe Finanziminister, obwohl die SPD gut beraten wäre, das zu verhindern. Heiko Maas würde weiterhin im Justizministerium marodieren, Andrea Nahles bliebe an Ort und Stelle und auch diverse Ressortchefs der kleineren Ministerien blieben. Die CSU bekäme auch in dieser Koalition das Innenmisterium für Joachim Hermmann. Thomas de Maizière ginge leer aus. Martin Schulz würde Außenminister und Sigmar Gabriel übernähme den Fraktionsvorsitz der SPD.

In einer Minderheitsregierung, so sich die FDP daran nicht beteiligt, könnte die Union alle Ministerien besetzen, sodass viele Leute dort mit Ämtern versorgt werden können. Allerdings würden in diesem Fall Neuwahlen nur eine Frage der Zeit sein.

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