PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Kurz bevor die Corona-Krise Deutschland erreichte, schrieb ich an einem Blogbeitrag über die politische (Selbst-)isolation eines Teils unserer Gesellschaft. Inzwischen wurde die Bundesrepublik auf den Kopf gestellt, und ich bin gespannt, ob sich dieses Thema und der entsprechende Text nach der Krise erledigt haben. Was sich definitiv erledigt hat, ist meine Konjunkturprognose für 2020 und 2021.

Die großen Konjunkturforschungsinstitute haben inzwischen ihre Prognosen revidiert, und dasselbe tue ich auch. Dass ich am Ende näher am Ergebnis liegen werde, weil ich von vornherein eine pessimistischere Prognose gemacht habe, als die großen Institute, hat keinerlei Wert, denn der Effekt der Krise überstrahlt jede normale Konjunkturentwicklung. Derartige Krisen sind auch für niemanden im Rahmen einer Konjunkturprognose verarbeitbar, sondern allenfalls in Szenarien vorab durchdenk- und berechenbar unter der Prämisse, dass eine bestimmte Krise eintritt. Tatsächlich wollte ich vor einiger Zeit mal eine makroökonomische Risikoanalyse verfassen. Leider ist diese Idee fehlender Zeit zum Opfer gefallen, doch ich bin skeptisch, ob ein derartiges Szenario dort vorgekommen wäre.

Aber was passiert jetzt wirtschaftlich? Das hängt weniger unmittlbar davon ab, wie sich Infektionszahlen entwickeln werden, sondern davon, wie mit den derzeitigen Maßnahmen zwischen Kontaktverbot und Ausgangssperre weiter verfahren wird. Und egal, unter welcher Annahme man diesbezüglich weiter rechnet, jede Prognose, die mit Nachkommastellen operiert (etwa die der Wirtschaftsweisen mit -2,8 % für 2020), disqualifiziert sich selbst. Denn für die konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen der derzeitigen Maßnahmen, selbst wenn wir wüssten, wie lange sie dauern werden, gibt es keinerlei Erfahrungswerte oder erprobte Modelle, auf die man eine Prognose stützen könnte. Die aktuelle Situation ist absolut beispiellos.

Allerdings kann man eine grobe Abschätzung versuchen: Unter der derzeitigen Variante der Maßnahmen lässt sich die Wirtschaft grob in drei Gruppen einteilen:

Profiteure: Ein Teil der Medizinbranche profitiert von der Situation, weil in großem Stil und zu hohen Preisen Medizinprodukte wie Tests oder Beatmungsgeräte benötigt werden. Zusätzlich profitiert die Internet- und IT-Branche durch nun erzwungene Digitalisierung in Arbeitswelt und Schule, sowie durch die Langeweile der Menschen, die jetzt zuhause hocken. Dann profitiert auch der Teil des Einzelhandels, der noch offen hat, durch Hamsterkäufe. Letzteres wird aber, wenn die Menschen ihre Lagerbestände aufbrauchen, wieder etwas ausgeglichen. Zuletzt profitiert der Versandhandel, allerdings auf Kosten des lokalen Einzelhandels.

Leichte Verlierer: Ein Teil der Wirtschaft, z.B. Infrastrukturbetreiber und Teile der produzierenden Wirtschaft und der Bauwirtschaft, einige Dienstleister, z.B. Finanzwirtschaft und Medien, sowie große Teile des Staatssektors können ihr Geschäft weiterführen. Unmittlbare Einschränkungen bestehen in wesentlichen Teilen darin, dass der Krankenstand erhöht ist, Mitarbeiter z.B. durch Kinderbetreuung oder Quarantäne ausfallen, oder Seuchenschutzmaßnahmen die Produktivität senken. Absatzausfälle hingegen entstehen hier eher mittelbar durch sinkende Kaufkraft.

Große Verlierer: Schwer getroffen sind zahlreiche Einzelhändler, die nun geschlossen haben, und ihre Lieferanten, sowie Dienstleister wie Friseure. Ebenso verheerend sind die Auswirkungen auf Gastronomie, Tourismus- und Sportbranche, wobei hier nach der Krise kleine Nachholeffekte auftreten könnten. Die Automobilindustrie, die derzeit oft als schwer betroffen in den Medien auftaucht, kann nur insoweit in dieser Kategrorie einsortiert werden, als dass sie teilweise die Produktion in Werken einstellen musste und über ihre globalisierten Lieferketten gestolpert ist.

Auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung nach Wirtschaftsbereichen schätze ich, dass die Gewinner-Gruppe etwa 5 % der Wirtschaft ausmacht, 60 % auf die leichten Verlierer und 35 % auf die großen Verlierer entfallen. Ich nehme nun an, dass die Gewinner um 10 % zusätzlich wachsen, die leichten Verlierer um 10 % schrumpfen, und die großen Verlierer 50 % verlieren. Weil wir nicht wissen, wie lange die Maßnahmen in Kraft sein werden, und wann etwaige Nachholeffekte eintreten, lasse ich dabei Verschiebungen von Produktion hier außen vor und betrachte nur tatsächliche Ausfälle. Rettungspakete der Bundes- und Landesregierungen berücksichtige ich deshalb nicht, weil sie keine Wertschöpfung generieren (sie sind trotzdem sinnvoll). Nehmen wir nun an, dass in jedem Monat etwa ein Zwölftel der jährlichen Wirtschaftsleistung anfällt, dann würde jeder Monat restriktiver Ausgangsbeschränkungen knapp 2 % der jährlichen Wirtschaftsleistung kosten.

Gegenwart