PKEuS' Blog

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Das Jahr 2021 ist endlich überstanden und es gilt, eine neue Konjunkturprognose für die nächsten zwei Jahre aufzustellen, und die vorherige Prognose auszuwerten. Die einzelnen Zahlen der neuen Prognose finden sich auf dieser Seite.

Für 2021 hatte ich ein Wachstum von 2,0 % vorausgesagt. Unter Berücksichtigung der bislang vorliegenden Zahlen der ersten drei Quartale gehe ich derzeit von 3,6 % aus – womit voraussichtlich dieses Jahr die Wirtschaftsforschungsinistitute „gewonnen“ haben, jedenfalls wenn man von deren letztjährigen Prognosen ausgeht. In der Prognose stecken allerdings ungewöhnlich starke Effekte aus Vorratsveränderungen. Außerdem hinkt der Vergleich zu den Instituten, denn die von mir verwendeten Zahlen weichen teils erheblich von deren ab: Ich verwende die mit dem „Berliner Verfahren“ saison- und kalenderbereinigten Daten des statistischen Bundesamtes, die Institute die mittels X12- oder X13-ARIMA Bereinigten. In normalen Zeiten verhalten sich die Verfahren ähnlich, die starken wirtschaftlichen Erschütterungen der Lockdowns führen hingegen nun zu deutlichen Abweichungen. „Richtig“ ist keines der Verfahren, methodisch korrekt müsste ein Strukturbruch im März 2020 oder zusätzlich zur saisonalen Komponente noch eine „Lockdownkomponente“ unterstellt werden, damit dessen Effekte nicht in die saisonale Komponente „hereinrutschen“. Diese Effekte werden auch in den folgenden Jahren, z.T. sogar rückwirkend, in die Daten ausstrahlen.

Maßgeblich getrieben ist die Abweichung meiner Prognose von einer positiven Entwicklung der Investitionen im ersten Halbjahr. Hier hatte ich einen Rückgang erwartet. Etwas schwächer als erwartet hat sich der Konsum entwickelt – hier hatte ich stärkere Effekte aus den Geldreserven erwartet, die der lockdownbedingte Konsumverzicht der Haushalte 2020 erzeugt hatte. Der Konsum wurde möglicherweise durch die weiteren massiven Corona-Maßnahmen des Jahres 2021 sowie Lieferengpässe gebremst, und die Inflation dürfte auch einen Teil der Geldreserven der privaten Haushalte „gefressen“ haben. Etwas stärker waren stattdessen die Staatsausgaben; auch das mutmaßlich ein Lockdowneffekt, da weiterhin umfangreiche Hilfsmaßnahmen notwendig waren. Insgesamt sehe ich allerdings meine Prognosen für Konsum und Staatsausgaben in der Tendenz bestätigt, ebenso die Prognose eines rückläufigen Außenbeitrags. Eindeutig daneben lag ich mit meiner Inflationsprognose. Ich hatte eine Wiederannäherung an ihr Sollniveau von 1,9 % erwartet – und tatsächlich schießt sie seit Mitte des Jahres zunehmend darüber hinaus.

Die kommende Prognose erstreckt sich erneut über 9 Quartale, vom letzten des Jahres 2021 bis zum letzten des Jahres 2023. Die zugrundeliegende Methode ist erneut eine Fortschreibung der bisherigen Entwicklung, korrigiert um erwartete zukünftige Abweichungen, die im Folgenden näher erläutert werden sollen. Abweichend zu den Vorjahren wurden dabei die Vorratsveränderungen aus der Prognose herausgelöst (d.h. Investitionen bezeichnen im Folgenden die Bruttoanlageinvestitionen).

Nach dem coronaverstärkten Konjunkturtief des vorigen Jahres befindet sich die Wirtschaft in einer Hochkonjunkturphase. Die letztes Jahr vorhergesagte Erholung ist eingetreten, wenn auch verzögert durch den langen Lockdown bis in das späte Frühjahr 2021, und dennoch, wie erläutert, stärker als gedacht. Hieraus resultiert die aktuelle Hochkonjunktur, die aufgrund ihres Ursprungs jedoch vermutlich nicht mehr als ein Strohfeuer darstellt. Ich vermute, dass dieses noch bis 2022 anhält, aber die Wirtschaft mittelfristig in einen Stagflationszustand abgleitet, d.h. anhaltende Inflation bei ausbleibendem Wachstum.

Zunächst zur Inflation: Die Coronamaßnahmen haben erhebliche Teile der Wirtschaft über Monate lahmgelegt. Gastronomie und Veranstaltungsbranche sind im Grunde seit fast zwei Jahren quasi gezwungenermaßen ohne Wertschöpfung und auch z.B. der stationäre Einzelhandel ist erheblich eingebrochen. Um den Zusammenbruch dieser Branchen, einschließlich resultierender Arbeitslosigkeit zu verhindern, wurden und werden umfangreiche Entschädigungen gezahlt, unter der Annahme, dass diese Branchen kein strukturelles Problem haben, sondern nach der Pandemie wieder florieren würden. Diese Hilfszahlungen haben inzwischen ein gewaltiges Ausmaß. Sie sind durch Kredite oder die „Notenpresse“ finanziert und ihnen stehen keine Gegenwerte gegenüber: Es sind gewissermaßen ungedeckte Schecks. Da die Angebotsseite nicht mit der durch das Geld induzierten Nachfrage Schritt hält – die Branchen im Lockdown dürfen nichts anbieten, und außerdem herrschen aktuell weltweit Lieferkettenprobleme – entsteht Inflation: Die Anbieter können und müssen höhere Preise aufrufen. Gleichzeitig führen die inzwischen zur Normalität gewordenen Einschränkungen und die Nachwirkungen der Pandemie-Hysterie (z.B. künftig zu erwartende Zurückhaltung vieler Menschen bei Großveranstaltungen in Innenräumen) und die zunehmenden Geschäftsaufgaben dazu, dass von einer nahtlosen Fortführung der Geschäfte der betroffenen Branchen keine Rede mehr sein kann. Damit bleiben die Schecks der Regierung ohne Deckung, und bleiben damit die Basis für weitere Inflation.

Reales Wachstum hingegen kann unter den herrschenden Bedingungen schwerlich gelingen. Im Gegenteil, das Sterben von Einzelhandel und Gastronomie und die Durchsetzung von flächendeckendem Home-Office wird zur Schrumpfung vieler Wirtschaftszweite und Arbeitslosigkeit führen, gleichzeitig entfallen Freizeitaktivitäten oder werden in kostengünstigere Bereiche verlagert (Netflix statt Kinobesuch), die auch mit weniger (ökonomischer) Wertschöpfung einhergehen. Gleichzeitig schwebt über allem das Damoklesschwert verschiedener Krisen: Die Entrechtung der Ungeimpften ist nicht wohlstandsfördernd, und birgt zudem ein unkalkulierbares Risiko bis hin zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen. Wie die Politik den selbst entfachten Brand löschen will, ist mir nicht klar. Das zwar primär wachstumsfördernde „Impf-Abo“, dass durch die Coronapolitik etabliert wurde, wird dabei auch wieder zur Disposition gestellt werden. Vor neuen Pandemien wird auch schon gewarnt, und die durch Corona erlernten Reflexe könnten jederzeit zu drakonischen Maßnahmen zur Bekämpfung neuer Erreger führen, selbst wenn sie harmlos sind. Zuletzt ist noch Energieknappheit durch die schlecht orchestrierte Klimapolitik in Deutschland ein immer realer werdendes Risiko. Zugleich können Klima- und Umweltschutzinnovationen ein Wachstumstreiber sein, der im politisch-wirtschaftlichen Umfeld in Deutschland aber möglicherweise nur schlecht wirken kann.

Insgesamt prognostiziere ich daher, dass die Wirtschaft 2022 um 2,7 % wächst, und 2023 um 0,2 %, bei einer Inflation von 5,5 % 2022 und 5,0 % 2023. Die Staatsausgaben werden kontinuierlich einen Wachstumsbeitrag leisten, jedoch erwarte ich Konsum und Investitionen nur im ersten Halbjahr noch Wachstumsbeiträge aus Corona-Nachholeffekten. Anschließend fürchte ich ein Abrutschen in einen Stagnationszustand, der möglicherweise auch vom Eintritt neuer Krisen flankiert wird. Der Außenbeitrag wird infolgedessen weiter fallen.

Gegenwart