PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Am 26.09.2021 wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Doch diese Bundestagswahl ist gewissermaßen die Längste aller Zeiten: Angesichts von Corona werden mehr Briefwahlstimmen denn je erwartet, die bereits seit Wochen abgegeben werden können. Damit ist unklar, welchen Zeitstempel das durch die Wahl eingeholte Stimmungsbild hat, bzw. welchen Einfluss der Wahlkampfendspurt überhaupt auf das Ergebnis haben kann. Die Umfrageinstitute sind daher wirklich nicht zu beneiden. Im letzten Artikel vor der Wahl soll trotzdem eine Prognose gewagt werden: Wie setzt sich der neue Bundestag zusammen? Wer wird Bundeskanzler? Welche Entwicklung nimmt das von seinen Politikern zerstörte Deutschland?

Für die Unionsparteien erwarte ich ein desaströses Ergebnis von 24 % – das schlechteste Wahlergebnis von CDU/CSU aller Zeiten, und dennoch deutlich oberhalb der Umfragen. Der Abgang der Kanzlerin, das mediale Sperrfeuer gegen Armin Laschet und die schlechte Politik der CDU der letzten Jahrzehnte werden zwar Wirkung zeigen, dennoch ist das Beharrungsvermögen der CDU-Wähler groß. Die CSU wird – trotz des vermeintlich besseren Kandidaten Markus Söder – ebenfalls ein Debakel in Bayern einfahren. Davon haben wir dann alle was, nämlich voraussichtlich ca. 900 Abgeordneten im Bundestag. Diese entstehen, wenn die CSU ein schlechtes CSU-Zweitstimmenergebnis einfährt, aber dennoch alle oder fast alle Direktmandate gewinnt.

Die SPD feiert eine kleine Wiederauferstehung mit 23 %, nachdem man bis vor einem halben Jahr eher von dem halben Ergebnis ausgehen musste. Sie wird zweitstärkste Kraft, weil sie es geschafft hat, den Amtsbonus der Kanzlerin auf den Vizekanzler Scholz zu übertragen, und stattdessen die Partei-Co-Vorsitzende Esken zu verstecken. Für SPD-Verhältnisse wäre ein solches Ergebnis ein großer Sprung nach vorne, der großen Jubel in der Partei auslösen wird. Gleichwohl ist das nur ein Strohfeuer: Inhaltliche Gründe tragen die Wahlentscheidung hier nicht: Die Wähler sind zum einen Teil aussterbende SPD-Dauerwähler, und zum anderen Teil Menschen, die von dem Hype um Scholz als geringstes Übel irgendwie dazu gebracht wurden, die SPD zu wählen.

Für die Grünen wird es nur für Platz 3 reichen: 16 %. Die Partei der Klimaschützer, Identitätspolitiker und Gender-Wahnsinnigen fährt damit eine klare Niederlage ein, obwohl sie ihr Ergebnis von 2017 fast verdoppelt. Das Potential aus der aktuellen Situation heraus war jedoch weitaus größer und wurde großteils durch Annalena Baerbocks Kanzlerkandidatur zunichte gemacht. Die Partei muss sich fragen, warum niemand rechtzeitig erkannt hat, wie ungeeignet Frau Baerbock für die Spitzenkandidatur war.

Die Linkspartei kommt noch auf 5 %, knapp über der 5-Prozent-Hürde. Das Ergebnis bedeutet möglicherweise das Ende der Partei, die ihre prominentesten Zugpferde härter bekämpft als den politischen Gegner und sich ansonsten bis zur Unkenntlichkeit an die Grünen angebiedert hat. In der Coronakrise blieb sie unsichtbar, was für die Partei, ein geheimer Quell der „No-Covid“-Idioten, fast noch ein Glück war. Gleichwohl – die Partei, die immer am Erbe von DDR und SED zu tragen hat, hat die große Gelegenheit, ihren Wandel zu einer Bürgerrechts- und Demokratiepartei zu untermauern, nicht versäumt, sondern regelrecht ausgeschlagen. Ein schlechtes Ergebnis könnte die Partei entlang des tiefen Grabens zwischen den Sozialisten alter Tradition und den Identitätslinken zerbrechen lassen, wenn etwa in Sarah Wagenknecht die Erkenntnis reifen sollte, dass mit dieser Partei „kein Staat zu machen ist“.

Die FDP wird viertstärkste Kraft mit 13 % und die AfD knapp dahinter mit 12 %. Während die FDP ihr Wählerpotential durch eine Mischung aus Wirtschaftsliberalismus und der von Wolfgang Kubicki vertretenen Kritik an den Grundrechtseinschränkungen damit ausschöpft, bleibt die AfD trotz der Steilvorlage „Coronakrise“ erstaunlich blass. Die Freien Wähler schöpfen auch aus dem Potential der Corona-Kritiker, werden aber mit 4 % und ohne Direktmandate den Bundestag verfehlen. Für die Sonstigen bleiben dann rechnerisch 3 %, das meiste davon entfällt vermutlich auf „Die Basis“ als genuine Anti-Coronamaßnahmen-Partei.

Damit wäre entweder eine Dreierkoalition notwendig – Schwarz-Grün-Gelb, Rot-Rot-Grün oder Rot-Grün-Gelb – oder wieder eine Große Koalition. Eine Minderheitsregierung halte ich für nahezu ausgeschlossen, eine Zusammenarbeit zwischen SPD und FDP zumindest unwahrscheinlich, Rot-Rot-Grün, so es dafür reicht, unrealistisch, sodass die Jamaika-Variante unter Kanzler Laschet die wahrscheinlichste Option ist, sogar, wenn die CDU hinter der SPD landen sollte. Markus Söder würde sich dabei für den von ihm insgeheim erhofften Sturz Laschets im Hintergrund bereit halten. Friedrich Merz wird Wirtschaftsminister, Christian Lindner Finanzminister und Annalena Baerbock könnte Außenministerin werden. Das Verkehrsministerium geht an die Grünen, z.B. Robert Habeck, dafür behält die geschrumpfte CSU das Innenministerium.

Alle angesprochenen Koalitionen würden den autoritären Corona-Kurs fortführen. Mit dem Wegfall Merkels als Scharfmacherin dürfte die Jamaika-Koalition dabei aber tendenziell moderater vorgehen als die bisherige Regierung oder andere denkbare Koalitionen. Sie ist damit das kleinere Übel, jedenfalls solange Laschet Kanzler ist. Wesentliche Impulse in anderen Politikfeldern sind dagegen nicht zu erwarten – wie auch, wo sich die für Koalitionen in Frage kommenden Parteien – am wenigsten noch die Linke – in diversen wesentlichen Fragen einig waren: Außen- und Militärpolitik (Afghanistan, Ukraine, Russland), Finanzpolitik („Schwarze Null“), Migrationspolitik. Sicherlich, in Fragen der Umwelt- und Verkehrspolitik haben vor allem die Grünen immer eine andere Politik gefordert. Aber diese zusammen mit FDP und CDU ernsthaft umzusetzen, ist nicht zu erwarten.

Die Agonie der Bundesrepublik kann sich noch über Jahre hinziehen. Derzeit herrscht im Land zwar eine Wechselstimmung, diese wird zu einem Kanzlerwechsel und vlt. auch zu einem Koalitionswechsel führen, doch der Regierungswechsel wird keinen Politikwechsel mit sich bringen. Es herrscht zwar Unbehagen über die allgemeinen Zustände, weil die allgegenwärtigen Krisen von niemandem zu übersehen sind, doch bisher ist hieraus nur in wenigen Bevölkerungsgruppen ein irgendwie zielgerichteter Zorn auf die Verantwortlichen erwachsen. Diese Gruppen stehen mit dem Rücken zur Wand, denn die große Mehrheit ist offensichtlich einverstanden mit der Politik der Merkel-Ära, bzw. versucht sich mit Scheindebatten z.B. über Rassismus, Willkommenskultur oder „inklusive Sprache“ abzulenken. Daher muss es wohl schlimmer werden, bevor es überhaupt besser werden kann.

Und es wird schlimmer werden: Ohne Politikwechsel ist mit einer Verschärfung der multiplen Krisen für die Zukunft zu rechnen. Der Grundrechtsentzug in der Coronakrise wird zum kommenden Frühjahr vielleicht verebben, doch neue Wellen werden kommen, z.B. in Form neuer vermeintlich gefährlicher Grippe-Epedemien oder Corona-Mutanten. Sowohl das Muster der Lockdowns als auch der Nötigung, wie aktuell zum „freiwilligen“ Impfen, oder Gesundheitszertifikate werden dann wiederkehren. Ebenso ist zu befürchten, dass diese nun erprobten Maßnahmen auch zur Umsetzung anderer politischer Ziele, etwa Klimaschutz, missbraucht werden: Wer nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel. Als Folge der Coronapolitik, ebenso aber auch als Spätfolge der vielen Sünden der Merkelzeit kommen darüber hinaus schwere wirtschaftliche Zeiten auf Deutschland zu. Zu einer Verbesserung der inneren Sicherheitslage wird dies kaum beitragen, und auf eine Stabilisierung der internationalen Sicherheit braucht keine Regierung zu hoffen. Die diffuse Unzufriedenheit im Land wird daher weiter wachsen, die Regierung wird im Schulterschluss mit den Medien diese mit dem bisher erfolgreich genutzten „Social Engineering“, Propaganda und durch Ausgrenzung Andersdenkender bekämpfen. Das wird eine Weile noch funktionieren, auch weil viele Menschen geradezu zwanghaft die Augen verschließen, bis, vielleicht an irgendeiner Petitesse, sich die Unzufriedenheit einer dann überraschend großen Masse kristallisiert und in mehr oder weniger unangenehmer Form Bahn bricht. Nur ob das nächstes Jahr passiert, oder wir noch 10 Jahre leiden müssen, kann keiner vorhersehen.

Gegenwart