PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Die Abgeordnete Lay und der ehemalige Vorsitzende Riexinger haben als Reaktion auf die Krise der Partei eine „Intervention“ verfasst. Als inzwischen Außenstehender finde ich es fast lustig, was die Totengräber der Linkspartei da schreiben. Aber das Geschreibsel provoziert zur Gegenrede.

Immerhin brauchen sie drei Sätze bis zum ersten Gendersternchen, aber dann legen sie richtig los:

Die Partei [...] ist eine verlässliche Stimme für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Abrüstung, Klimagerechtigkeit, Feminismus und LGBTIQ sowie gegen Rechtsradikalismus und Rassismus.

Ungefähr die Hälfte der Auflistung ist Teil des Problems der Partei.

Die bitteren Landtagswahlergebnisse im Saarland, in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfahlen, wie auch die Vorwürfe im Zuge der #LinkeMeToo-Debatte gegen Mitglieder der Partei drohen an die Substanz zu gehen.

Für viele Unterzeichner des Schreibens bestimmt: Für die ist die Substanz der Partei identisch mit dem eigenen Mandat oder Posten. Die werden durch die „bitteren Landtagswahlergebnisse“ gefährdet. Die Partei selbst ist nicht durch Wahlergebnisse gefährdet worden, sondern durch Leute wie Herrn Riexinger und ihre Politik. Die Wahlergebnisse sind die (verdiente) Folge davon und nicht die Ursache.

Es folgt ein zutreffender Absatz zu Sozial- und Rüstungspolitik. Darin:

Die Gewinne großer Konzerne steigen überdurchschnittlich, die Zahl der Millionäre und Milliardäre hat weiter zugenommen, während auf eine angemessene Besteuerung dieser Superreichen großzügig verzichtet wird.

Alles richtig. Aber eine Frage drängt sich mir hier auf: Hat man hier versehentlich oder absichtsvoll das Gendern der Millionäre unterlassen?

Ungleichheit, Klimaschutz und Pflegenotstand sind die Top-Themen der LINKEN-Anhänger*innen.

Ach? Gender, LGBTQI-und-was-weiß-ich-noch-alles und Antirassismus gehören garnicht dazu? Sowas aber auch...

Die Zukunft gewinnen wir nur, wenn wir die gemeinsamen Erfahrungen von > Lohnarbeit, Existenzkampf, Armut, Ausgrenzung und Gewalt nach vorne stellen: Die der lesbischen Kassiererin und des türkischstämmigen VW- Beschäftigten, der jungen Klimaaktivistin und der Familie, die in einem unsanierten Plattenbau lebt. Sie alle wollen ihr Leben so führen, wie es ihnen entspricht, ohne Angst vor der Zukunft.

Gewiss. Ich, junger weißer Mann, würde das auch gerne. Seit der mit Billigung der Linkspartei begangenen Coronapolitik (Anke Domscheidt-Berg bspw. ist ja auch mit von der Partie) ist das schwierig geworden. Und dafür ist es völlig egal, ob ich jung bin, oder nicht, „weiß“ bin, oder nicht, männlich bin, oder nicht.

Ich lese hier nichts davon, wie man mit den Folgen der letzten zwei Coronajahre umgehen will. Auch nichts davon, wie man mit den Folgen des Ukrainekriegs umgehen will, die den Corona-Maßnahmen-Schäden tatsächlich ziemlich ähneln. Kein Wort, wie man die Spaltung der Gesellschaft überwinden will. Man könnte darüber spekulieren, ob manch einer der Verfasser wie Olaf Scholz garkeine Spaltung sieht, oder wie Sarah Bosetti diese Spaltung sogar begrüßt. Kein Wort zum Thema Meinungsfreiheit. Und keine Erläuterung, wie man „Selbstbestimmung“, die ja als Politikziel benannt wird, mit dem vereinbaren will, was in den letzten Jahren (nochmal: mit Billigung der Linkspartei, Ausnahme Sarah Wagenknecht) geschehen ist.

Die Chancen für die weitere Existenz und Wiedererstarken des linken Parteiprojektes sind da.

Die Linkspartei mag durchaus weiterexistieren – so wie das Zentrum auch weiterexistiert, oder die MLPD, die existiert, ohne je Erfolg gehabt zu haben. Aber ein Wiedererstarken der Partei „DIE LINKE“ ist ein Wunschtraum der Verfasser, um von ihrer Verantwortung für das Schicksal der Partei abzulenken.

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