PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Dass uns eine Krise bevorsteht, pfeifen die Spatzen von den Dächern. Der Einzelne kann den Eintritt und Verlauf dieser Krise kaum beeinflussen; die weitere Entwicklung hängt vor allem von der geopolitischen Entwicklung, dem Handeln unserer Politiker und Genosse Zufall ab. Doch im Gegensatz etwa zur Finanzkrise 2007 (Stichwort: Asset-backed Securities) oder der Eurokrise 2012 (Stichwort: Zinsspreads) lässt sich dieses Mal die Anatomie der Krise recht konkret beschreiben – in meinen vorherigen Beiträgen habe ich das versucht. Viele stellt die Situation vor die Frage: Wie kann ich selbst dem Risiko begegnen, dass mich die Auswirkungen der Krise treffen?

„Spare in der Zeit, so hast du in der Not.“ Die Zeit dafür ist jedoch weitgehend vorbei: Sparen, im Sinne von Geld beiseite legen, ist jetzt nicht mehr sinnvoll. Für diejenigen, die in der Zeit Ersparnis bilden konnten, besteht nun ein kurzes Zeitfenster, diese Ersparnis sinnvoll zu nutzen, bzw. sie strategisch zu disponieren. Eine Liquiditätsreserve, also frei verfügbares, nicht gebundenes Geld, insbesondere in Bargeld, ist in unruhigen Zeiten immer hilfreich, um auf jäh eintretende Probleme reagieren zu können. Zwar erleidet diese Reserve, egal ob in bar oder auf dem Konto, in Zeiten von Inflation einen steten Wertverlust, doch solange man mit Euros Dinge kaufen kann, ist es sinnvoll, Euros zu haben. Aufgrund der Inflationsthematik sollte die Reserve allerdings nicht zu großzügig dimensioniert werden, und man muss sich, sollte es zu einer galoppierenden Inflation kommen, mit einem vollständigen Wertverlust dieser Reserve arrangieren, bzw. diese dann unter Verlusten auflösen. Keinesfalls darf man sie dann jedoch noch aufstocken, da sie zu einem Fass ohne Boden würde („Throwing good money after bad money“).

Weiterhin ist es sinnvoll, vorhandene finanzielle Mittel jetzt maßvoll einzusetzen. Auch leicht überhöhte Preise kann man dabei in Kauf nehmen. Sind Reparaturarbeiten zu erledigen? Dann ist jetzt ein guter Zeitpunkt dafür. Sie haben verschlissene Gebrauchsgegenstände? Dann ist jetzt der Moment, Ersatz anzuschaffen. Brauchen Sie für Projekte, die man im kommenden Winter oder kommenden Jahr umsetzen möchte, (lagerfähiges) Material oder Werkzeug, ist es sinnvoll, es jetzt zu kaufen. Sie haben eine Ölheizung? Dann füllen Sie den Tank. Grundsätzlich gilt, dass notwendige geplante Anschaffungen (z.B. auch Kleidung, Geschirr, Werkzeug, Elektronik, ...) nicht aufgeschoben, sondern vorgezogen werden sollten. Achten Sie dabei auf Qualität, denn Dinge, die sofort kaputt gehen, nützen wenig, wenn später kein Ersatz verfügbar ist.

Eine umsichtige Vorratswirtschaft ist jedem anzuraten. Ein kleiner Vorrat an lange haltbaren Lebensmitteln und Trinkwasser ist sinnvoll. Tiefgekühlte Lebensmittel sind dabei mit Vorsicht zu betrachten, da die Lagerung Strom benötigt und der Vorrat durch einen längeren Stromausfall zerstört würde. Lebensmittel mittlerer Haltbarkeit (z.B. Eier) können rollierend gelagert werden, d.h. Sie verbrauchen die alten und kaufen dafür direkt neue. Denken Sie auch an notwendige Hygieneartikel, Medikamente, und eine kleine Hausapotheke. Eine Taschenlampe mit Batterien sollte auch vorhanden sein (Handy zählt nicht).

„Ich habe all das getan und noch immer Geld übrig.“ Wenn das der Fall ist, dürfen Sie sich über ihre gute wirtschaftliche Lage freuen. Die obigen Überlegungen lassen sich gelegentlich wiederholen, meist fällt einem dabei dann noch mehr ein, was getan werden könnte. Und ansonsten sollte der Rest sinnvoll angelegt werden (sofern noch nicht geschehen). Ein Patentrezept gibt es dafür nicht, schon garnicht kurz vor einer Krise. Heimische Aktien sind zwar schon vergleichsweise billig, da stark im Preis gefallen, doch sollten die Befürchtungen eintreten, ist mit einem erneuten deutlichen Kurseinbruch und auch Unternehmenspleiten zu rechnen. Ausländische Aktien sind, je nach Land, vielleicht fester in der kommenden Krise, tragen aber zugleich ein höheres Risiko staatlicher Regulierungen, so, wie es z.B. mit russischen Wertpapieren geschehen ist. Auch Staatsanleihen sind im Kurs gefallen, doch auch Staaten könnten in Zahlungsschwierigkeiten kommen, zudem gleicht die Rendite nicht unbedingt die Inflation aus (oder das Verlustrisiko ist hoch). Im Gegensatz zu Aktien sind sie nicht stabil gegenüber einer Inflation ihrer Ausgabewährung, da sie nominal festgelegt sind. Physisches Gold und Silber? Gelten zwar als wertstabil und könnten bei einer Hyperinflation zum Zahlungsmittel werden, sind aber an sich nicht sonderlich nützlich. Bitcoins oder NFTs? Haben überhaupt keinen intrinsischen Wert, sondern sind ein reines Spekulationsobjekt. Immobilien? Haben einen hohen intrinsischen Wert, sind aber schon seit längerem bekanntlich überteuert, machen Arbeit und verursachen laufende Kosten. Was aber immer gilt: Risikostreuung betreiben. Setzen Sie nicht auf eine Anlage und auch nicht auf eine Anlageform, sondern mehrere.

Und dann? Die Ruhe vor dem Sturm genießen, dabei die Lage beobachten, und entschlossen aber flexibel reagieren. Entscheidungen rasch treffen, an die Entwicklungen anpassen und festgestellte Irrtümer konsequent korrigieren. Entscheidungen rational treffen, und sich nie von der eigenen Panik oder der Ihrer Mitbürger leiten lassen. Beispielsweise wäre es nicht klug, sich, wenn nächsten Montag North Stream 1 geschlossen würde, sich am Dienstag danach um 7 Uhr morgens im Baumarkt um den letzten verfügbaren Heizlüfter zu einem Mondpreis zu prügeln. Kaufen Sie lieber Dinge, die als nächstes knapp werden, bevor Ihre Mitbürger zu derselben Erkenntnis gelangen. Und das auch nur, wenn sie die Dinge mit hoher Wahrscheinlichkeit selber benötigen werden.

Mitte Juli hat das Statistische Bundesamt die monatlichen Inflationszahlen vermeldet – und es gab gute Neuigkeiten: Die Inflationsrate war rückläufig. Doch wenn man weiterliest, ist das Bild doch eher ernüchternd. Das Amt zeigt eine Grafik, die ggü. dem Vormonat nur im Verkehrssektor einen größeren Preisrückgang aufweist. Fast überall sonst sind die Preise weiter gestiegen. Warum sind im Verkehrssektor die Preise gesunken? Weil das 9-Euro-Ticket und der Tankrabatt im Juni in Kraft getreten sind. Welche Wirkung das auf den Verbraucherpreisindex hat, lässt sich mit dem zugrundeligenden Warenkorb ermitteln.

Öffentliche Verkehrsmittel machen etwa 1,5 % des Warenkorbs aus. Das ist zugleich die maximale Inflationswirkung einer Senkung der Ticketpreise: Senkt man diese auf Null, sinkt die Inflationsrate um 1,5 Prozentpunkte. Allerdings dürften – auch wenn das niemand in der realen Welt derzeit tut – weiterhin auch Einzelfahrscheine für den Warenkorb „gekauft“ werden, sodass nur die 1,1 % für Verbundfahrkarten wirksam werden dürften. Der Preis wurde zwar nicht ganz auf Null gesenkt, aber knapp 1 Prozentpunkt Senkung des Verbraucherpreisindexes dürfte das 9-Euro-Ticket bewirkt haben.

Nun der Tankrabatt: Benzin hat einen Anteil von 2,6 % und Dieselkraftstoff einen Anteil von ca. 0,9 % des Warenkorbs. Die Subvention von 29,55 ct/l Benzin entspricht einer Preissenkung um etwa 14 %, und die Subvention von 14,04 ct/l Diesel etwa 7 % – jeweils von einem Preis von 2 €/l ausgehend. Daraus ergibt sich eine deflationäre Wirkung von etwa 0,4 Prozentpunkten. In Summe kommt diese Überschlagsrechnung also auf 1,4 Prozent Senkung des Preisniveaus gegenüber dem Vormonat. Das Statistische Bundesamt weist eine Veränderung von 6,2 % des Preisniveaus im Verkehrssektor aus, da dieser knapp 13 % Anteil am Gesamtkuchen hat, würde das nur 0,8 Prozentpunkte ergeben – woraus ich schließe, dass die Preise im Verkehrssektor im Hintergrund munter weiter gestiegen sind.

Heute vermeldet das Amt, dass die Inflation im Juli nach vorläufigen Daten erneut gesunken sei. Warum? Unterdessen ist noch etwas anderes umgesetzt worden: Die Abschaffung der EEG-Umlage im Juli. Strom hat einen Anteil von 2,5 % des Warenkorbs. Diese betrug 3,72 ct/kWh, ihr Wegfall würde einen bisher üblichen Strompreis 11,3 % senken. Die Maßnahme hat damit eine Deflationswirkung von 0,3 Prozentpunkten. Das könnte den Rückgang erklären, der aber nur 0,1 Prozentpunkte beträgt (ggü. Vormat steht sogar ein Plus in den Zahlen).

Der Witz ist nun: Die Maßnahmen im Verkehrssektor sind befristet bis Ende August. Sollte die Regierung diese nicht verlängern und keine Nachfolgemaßnahmen installieren, würden die Verbraucherpreise im September sprunghaft wieder um bis zu 1,4 % steigen. Außerdem hat die Regierung heute die „Gasumlage“ voran gebracht. Damit sollen die Verluste der Gasversorger, insbesondere die von Uniper, auf die Gasverbraucher umgelegt werden. Das Ministerium erwartet einen Preisaufschlag von 1,5 bis 5 ct/kWh. Da der Gaspreis bisher für Endverbraucher bei durchschnittlich 6,83 ct/kWh lag, würde eine Umlage im mittleren Bereich eine sportliche Preiserhöhung von knapp 50 % bedeuten, mit einmalig 1,2 Prozentpunkten Anstieg der Inflationsrate.

Diese Maßnahmen sind Subventionen, die in erster Linie die sozialen Verwerfungen der Energiepreisschocks abfedern sollen und direkt auf die Endverbraucherpreise wirken. Sie sind damit vergleichsweise zielgerichtet, dennoch gibt es ein Problem: Ihre Wirkung wird dadurch gehemmt, dass sie Kaufkraftverluste verhindern. Deren Eintreten wäre andernfalls nachfragereduzierend und damit inflationssenkend (auch wenn es sozial kaum vertretbar wäre). Viele andere Maßnahmen aus den aktuellen und letzten Entlastungspaketen, wie etwa die Energiepauschale, bewirken sogar garkeine Preisreduzierung, sondern nur eine Kaufkraftunterstützung, oder erzeugen sogar zusätzliche Nachfrage. Das hatte ich Anfang Juli beschrieben.

Für neue kleine Inflationsschübe im September und im Oktober ist also gesorgt. Die große Unbekannte ist aber, wie sich abseits der Politikmaßnahmen die Preise entwickeln. Die Erzeugerpreise weisen derzeit eine Inflationsrate von über 30 % auf. Das ist für die Bundesrepublik historisch einmalig. Der Anstieg ist inzwischen leicht rückläufig (zweite Ableitung!), was aber heißt, dass die Erzeugerpreise (etwas langsamer) weiter steigen. Sollte der Erzeugerpreisanstieg (erste Ableitung) nicht rasch enden, wird er sich in die Verbraucherpreise übersetzen. Das geschieht zeitverzögert und nicht in voller Höhe, da bspw. Mieten (ein Fünftel des Warenkorbs) unmittelbar nichts mit den Erzeugerpreisen zu tun haben. Trotzdem wären kurzzeitig 20 % Inflation der Verbraucherpreise damit denkbar, selbst wenn die Energiepreise nicht weiter steigen.

Es heißt, wenn ein Frosch in einen Topf mit heißem Wasser spränge, spränge er sofort wieder hinaus. Setze man einen Frosch in kaltes Wasser, und erhitze es, merke der Frosch nichts, bis es zu spät ist. Dieser Frosch sind wir: In den letzten Monaten hat sich eine Gemengelage von miteinander interagierenden Krisen in fortgeschrittenem Stadium entwickelt: Ukraine-Krieg, Corona-Krise, Inflation, Gasnotstand und Wirtschaftseinbruch. Dies wird, wenn ich recht behalte, im Zusammenbruch der kontinentaleuropäischen Staaten münden. In einer Mischung aus Naivität, Fatalismus und Verblendung haben wir nichts dagegen unternommen. Inzwischen ist der „Point of no return“ überschritten – alle Maßnahmen, dies abzuwenden, hätten einen so hohen Preis, nämlich Gesichtsverlust, dass sie nicht ergriffen werden. Was könnte nun kommen?

Im Ukraine-Krieg wird Russland weiter vorankommen. Als nächstes wird Slowjansk umstellt werden, wo die Ukrainer nach einigen Tagen besiegt werden. Das wird uns erneut als „geplanter Rückzug“ verkauft werden. Danach kommt Kramatorsk an die Reihe. Wenn die Russen es erhobert haben, können sie das Hinterland von Donezk besetzen, womit die Befreiung der beiden „Volksrepubliken“ abgeschlossen ist. Sodann könnten die Russen in Richtung Charkiw oder Cherson weitermachen. Sollte sich auf ukrainischer Seite Verhandlungsbereitschaft breit machen, ist von erneuten Besuchen Boris Johnsons in Kiew auszugehen – sofern er noch im Amt ist (Nachfolgerin: Liz Truss). Danach wird die Ukraine wieder unbeirrt die Rückeroberung von Donbass und Krim als Kriegsziel benennen. Vermutlich, ich tippe auf Ende Juli, wird die Ukraine noch eine große Gegenoffensive starten, vermutlich bei Cherson. Dabei werden dann großflächig NATO-Waffensystem eingesetzt werden, vermutlich auch welche, die die Ukrainer offiziell bisher nicht besitzen. Vielleicht werden inoffiziell sogar Truppen aus dem Baltikum oder Polen daran mitwirken. Die Offensive wird sich unter großen Verlusten und der völligen Verwüstung der betroffenen Stadt vollziehen, aber letztlich erfolglos bleiben. Das Scheitern der Offensive wird für die westliche Öffentlichkeit völlig überraschend kommen, da zunächst tagelang (teils auch zutreffend) große Erfolge gemeldet werden.

Diese Niederlage wird den Kollaps der Ukraine auslösen: Während einige Fanatiker bis zum Untergang kämpfen wollen, werden sich andere vom offiziellen Kiew absetzen und im Geheimen Verhandlungen mit Russland beginnen. Sie werden zuerst zu Verrätern erklärt, doch sobald diese Leute die Überhand gewinnen und die Regierung übernehmen können, wird es zu einem Waffenstillstand kommen. Russland wird unterdessen seine Truppen erneut umgruppieren, als glaubhafte Drohung, andernfalls die nächsten Städte zu erobern. Diese Entwicklung erwarte ich für den Herbst, entsprechende Erfolge der russischen Armee vorausgesetzt. In dem Waffenstillstandsabkommen wird Russland die besetzten Gebiete weitgehend behalten, und der Rest ein zur Neutralität verpflichteter „Failed State“ werden, der seine verbleibenden Waffen unter russischer Aufsicht zerstören muss. Der Westen wird von einem „Diktaktfrieden“ reden, den man nicht anerkennen werde, doch der eigentliche Ukraine-Krieg endet – mit einer totalen Blamage der NATO. Es steht allerdings zu erwarten, dass in den besetzten Gebieten noch lange Partisanen marodieren werden, die von der NATO versorgt werden. Als Folge des Waffenstillstands könnte Polen, wie schon länger gemunkelt wird, den äußersten Westen der Ukraine bei Lemberg besetzen (und damit auch in dem Gebiet die Demilitarisierung unterlaufen). Russland würde dies vermutlich hinnehmen.

Im Baltikum wird parallel die Kaliningrad-Blockade in den nächsten Wochen die Lage weiter anheizen. Litauen scheint entschlossen, diese umzusetzen. Russland wird Litauen und der ganzen EU das mit gleicher Münze heimzahlen. Ob es dadurch zu einer militärischen Eskalation dort kommt, ist schwer zu sagen – hoffen wir, dass nicht. Ein weiterer gefährlicher Brandherd ist Taiwan; hier gilt das gleiche: Hoffen wir, dass es friedlich bleibt. Nicht bloß um der Menschen dort willen, sondern auch um unseretwillen, da beides das Potential nuklearer Eskalation birgt. Sollte es militärisch eskalieren, würde im Baltikum die NATO, bzw. in Taiwan nur die USA, eine weitere schwere militärische Niederlage erleiden, und die baltischen Staaten zusammenbrechen, bzw. China Taiwan erobern.

Am 10.07.2022 wird North Stream 1 aufgrund von Wartungsarbeiten planmäßig abgeschaltet. In den Folgetagen sinkt die tägliche Gas-Einspeicherrate nahe Null. Die Gaslieferungen werden danach nicht wieder aufgenommen. Russland wird dies mit festgestellten umfangreicheren Schäden und der weiterhin in Kanada festgehaltenen Turbinen begründen, die Bundesregierung wird dies als Erpressung verurteilen. Die Turbinen bekommt die Bundesregierung jedenfalls wahrscheinlich nicht aus Kanada zurück. Sobald das feststeht, wird Bundeswirtschaftsminister Habeck vor die Presse treten und mit Trauermine erklären, dass die Bundesregierung in fortgeschrittenen Verhandlungen über den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke Emsland, Isar 2 und Neckarwestheim 2 stehe. Als Kompromiss werden dann vermutlich zwei der drei Reaktoren noch bis Sommer 2023 weiterbetrieben werden (und die Betreiber dafür eine hohe Entschädigung erhalten). Als nächstes wird die Bundesregierung die Terminalstation von North Stream 2 enteignen und zum Anschluss eines LNG-Terminals umbauen. Das wird Russland zum Anlass nehmen, offiziell auch künftig kein Gas mehr nach Deutschland zu liefern. Die Europäer hingegen können dann ohne praktische Konsequenzen einen Boykott russischen Gases beschließen. Folglich erreichen wir einen Gasspeicher-Füllstand von gut 70% bis zum Beginn der Heizperiode, und auch die Öllieferungen werden bei einer passenden Gelegenheit gekürzt werden.

Karl Lauterbach wird das Ferienende zum Anlass nehmen, erneut Besorgnis zu äußern: Angesichts hoher Infektionszahlen sei umgehendes Handeln geboten. Die Landesregierungen mögen verpflichtende Schultestungen und eine Maskenpflicht in Klassenzimmern anordnen. Das werden die Länder als rechtlich unzulässig zurückweisen und stattdessen entsprechende „dringende Empfehlungen“ und kostenlose Testkits herausgeben. Aus Anlass des anhaltenden Personalmangels wird Lauterbach fordern, die Impfpflicht in der Pflege konsequent durchzusetzen. Nach Ferienende steigen die Test- und Fallzahlen wieder. Da der angepasste Omikron-Impfstoff noch nicht in ausreichender Menge geliefert werden kann, empfiehlt Lauterbach eine Viertimpfung mit den alten Impfstoffen. Sobald der Omikron-Impfstoff da sei, könne mit diesem eine zusätzliche Boosterung erfolgen. Im Internet kursieren dann wieder Geheimtipps für Arztpraxen oder Impfzentren, in denen bereits Bestände des neuen Impfstoffs verteilt werden. Unter großer Anteilnahme der Medien bemüht sich ein Teil der Bevölkerung, dort einen Impftermin zu erhalten, während den Rest der Bevölkerung dies kalt lässt.

Im Herbst werden wir viel über die Schließung von Intensivstationen lesen. Der Bundestag verabschiedet dann nach mehrwöchigem politischen Ringen in der Koalition den gesetzlichen Rahmen zur „O-bis-O-Regel“ mit genereller Maskenpflicht und einer neuen Bundesnotbremse, die bei hohen Inzidenzen zur automatischen Einführung einer 2G-Regel führt. Das wird das Wiederaufflammen der Montagsspaziergänge auslösen. Anfang Oktober wird dann in den meisten Landkreisen Deutschlands diese Notbremse in Kraft treten, aber die „Compliance“ der Bevölkerung wird zwiespältig sein. Obwohl viele Menschen auch im Freien wieder konsequent Maske tragen, beklagen Ordnungskräfte und Medien in den Folgetagen viele Verstöße gegen die Regeln. Der öffentliche Druck auf die „Querdenker“ wird wieder zunehmen; erneut werden diverse „Intellektuelle“ in den alten und neuen Medien Kübel von Dreck über diese ausgießen. Dabei werden dann Sprachmotive genutzt, die zuletzt in der Presse der DDR oder bis 1945 in Deutschland geläufig waren. Zugleich befürchte ich Wellen von Kontokündigungen, Entlassungen und Verhaftungen von Kritikern im Spätherbst.

Die Inflationsrate wird in den kommenden Monaten weiter steigen, auch wenn es immer mal wieder überraschende Einbrüche geben kann (die Rate ist von Monat zu Monat recht volatil). Diese überraschenden Einbrüche werden dann zur Beruhigung herangezogen. Bis Oktober werden insgesamt aber 10 % überschreiten. Die Arbeitslosigkeit wird derweil weiter niedrig bleiben und der Arbeitskräftemangel in den bekannten Branchen (Gastronomie, Pflege, Verkehr) anhalten. Ein Grund dafür werden anhaltend hohe Kranken- und Quarantänestände sein. Auf Basis der guten Arbeitsmarktdaten, und dadurch, dass es den meisten Menschen noch nicht akut ökonomisch schlecht gehen wird, wird sich die Öffentlichkeit bis zum Herbst auch beruhigen lassen, bzw. selbst beruhigen. Noch friert niemand. Noch hungern die wenigsten. Noch ist niemand arbeitslos geworden. Zwar sind die Lebenshaltungskosten schon merklich gestiegen, aber noch ist die Mehrheit noch nicht existentiell betroffen.

Trotzdem halte ich es für möglich, dass Olaf Scholz bereits im Herbst gestürzt wird, vielleicht sogar symbolisch auf den Tag genau 40 Jahre nach Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum. Begründen könnte die CDU dies u.a. mit Vorwürfen, seine „Appeasement-Politik“ sei ursächlich für die militärische Niederlage der Ukraine. Eine Jamaika-Koalition würde übernehmen mit Friedrich Merz als Bundeskanzler. Robert Habeck scheidet aus der Regierung aus, das Wirtschaftsministerium fällt an die CDU. Annalena Baerbock bleibt Außenministerin. Marie-Agnes Strack-Zimmermann wird Verteidigungsministerin. Während in der FDP die neue Koalition auf große Zustimmung stößt, treten in den folgenden Tagen einige Mitglieder der Grünen aus der Partei aus. Die neue Regierung wird dann als erstes das „Sondervermögen“ der Bundeswehr aufstocken; erklärtermaßen, weil man noch mehr Waffen bräuchte, faktisch aber auch, weil die Preissteigerungen bei Rüstungsgütern das Vermögen aufgefressen haben. Das Corona-Thema würden sie hingegen vermutlich nicht mehr aktiv weiter befeuern, aber unter Druck der Öffentlichkeit stehen, sich damit weiter zu befassen. Diese Krise ist dann zu einem Perpetuum Mobile geworden.

Womit gehen wir also in die Wintersaison? Mit zu gut 70 % gefüllten Gasspeichern und einer beiderseits gekappten Gaszufuhr aus Russland. Eine Coronakrise, die sich selbst befeuert, nämlich eine aufgeputschte Öffentlichkeit, die die Durchsetzung der „Schutzmaßnahmen“ fordert, die bereits in Gesetz gegossen sind. Für dessen Aufhebung wird sich keine Mehrheit finden. Die Inflation liegt im zweistelligen Bereich, und jetzt beginnt die Heizperiode. Alle wissen: Das Gas wird knapp werden, und nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa. Die Waffen schweigen zwar hoffentlich wieder, doch ein eiserner Vorhang trennt Europa von Russland. Keine Seite ist bereit, mit der anderen zu verhandeln.

Was wird dann passieren? Die Regierung wird schrittweise härtere Energiesparmaßnahmen in Kraft setzen. Damit entsteht über den Winter ein lockdownähnlicher Zustand, der weniger in Ausgangssperren als in zwangsweisen Schließungen von Industriebetrieben, Handel, Gewerbe und Freizeiteinrichtungen bestehen wird. Die Gaspreise werden von den Versorgern direkt an die Kunden weitergereicht, mit katastrophalen Folgen; Millionen Menschen werden außerstande sein, ihre Rechnungen zu begleichen. Zur Kompensation verteilt die Regierung großflächig Finanzhilfen. Damit heizt sie aber vor allem die Preisentwicklung weiter an, da das verfügbare Gas (und die sonstigen Produkte) nicht mehr werden, aber die Menschen monetär in der Lage sind, mehr dafür zu bezahlen. Dadurch wird im Verlauf des Winters die Inflation vollends entgleisen – die nächste sich selbst erhaltende Krise.

Mit Einführung der ersten harten Energiesparmaßnahmen wird die Stimmung in Deutschland kippen, da die Notlage durch Armut und behördliche Anordnungen spürbar wird. Die Wut der Bevölkerung wird sich nicht gezielt gegen die Verantwortlichen richten, sondern auch auf Randgruppen und Andersdenkende. Es werden, unterstützt von der Politik, abstruse Argumentationsketten gebildet, wie etwa: Die Coronaleugner haben durch ihre Maßnahmenverweigerung die Gesundheit systemrelevanter Arbeitskräfte gefährdet; weil diese ausgefallen sind, ist die Infrastruktur überlastet worden und deshalb seien wir nun nicht in der Lage, mit der Krise fertig zu werden. Oder: Putintrolle haben die Menschen eingelullt, sodass Deutschland nicht ausreichend LNG-Gas bestellt habe. Oder: Die Deligitimierung des Staates durch die Maßnahmengegner sei Schuld daran, dass der Staat nun hart durchgreifen müsse. Oder: Putin ist an unserem Elend schuld. Die aus einer Vielzahl von Gründen ansteigende und von den Menschen auch wahrgenommene Übersterblichkeit wird nicht mehr alleine Corona oder den Ungeimpften zu- oder untergeschoben, sondern sie werden wahlweise auch als „Putins Tote“ etikettiert werden.

Mit der Begründung, dass damit die „Freiheit der Vernünftigen“ verteidigt werde, werden Meinungsfreiheit und Demonstrationsrecht außer Kraft gesetzt. Gegen Menschen, die die Maßnahmen der Regierung dennoch kritisieren oder unterlaufen, wird hart durchgegriffen. Es herrscht ein großer sozialer Druck, ähnlich zum ersten Corona-Lockdown. Trotzdem wird ein größerer Teil der Menschen das nicht mehr hinnehmen. Im neuen Jahr wird es großflächig illegale Demonstrationen und zivilen Ungehorsam geben, die durch die Polizei nicht mehr eingedämmt werden können. Gegen diese Demonstrationen wird wiederum von Anhängern der diversen Maßnahmen demonstriert werden. Kurzum: Im Winter herrschen ein Klima der Angst und politische Konfusion in Deutschland. Die Inflation wird astronomische Größen erreichen, faktisch aber durch großflächigen Einsatz von digitalen, nicht übertragbaren Lebensmittelmarken bedeutungslos werden. Die Ausgabe dieser Marken könnte mit politischem Wohlverhalten incentiviert werden. Mangels Perspektive werden zahlreiche Industriebetriebe dauerhaft geschlossen. Langsam breitet sich Arbeitslosigkeit aus, am Winterende könnten 5 Mio. Menschen arbeitslos sein.

Und in den Nachbarländern? Einige Länder werden werden rasch finanziell kollabieren, weil sie nicht mehr ausreichend liquide Mittel haben, und in den Staatsbankrott gehen. Wieder andere Länder, vorwiegend aus Süd-Ost-Europa, vielleicht bis hin zu Österreich, werden aus der Anti-Russland-Linie ausscheren, ggf. nach erzwungenen Wechseln in der Regierung. Sie werden daraufhin wieder Gas bekommen, sofern eine Verbindung durch Pipelines besteht. Die verbleibenden linientreuen Länder und die USA werden dies mit Sanktionen bestrafen und lösen damit den Zusammenbruch der EU aus.

Der letzte Artikel zeigt, dass auch bei Umsetzung moderater Spar- und Substitionsmaßnahmen ein Gasmangel im kommenden Winter möglich ist, wenn unsere Gaszufuhr aus Russland gekappt wird. Auch wenn die Reserven für den Winter reichen, wäre dann fraglich, inwieweit eine Befüllung der Speicher für den Winter 2023/24 möglich sein wird. Welche Effekte und Maßnahmen sind also zu erwarten, wenn nicht mehr ausreichend Gas zur Verfügung steht?

Rein wirtschaftlich betrachtet würde der Gaspreis weiter steigen, bis sich ausreichend Gaseinkäufer das Gas schlichtweg nicht mehr leisten können. Da die Nachfrage nach Gas unelastisch ist, wäre der notwendige Preisanstieg enorm. Da viele Endverbraucher mehr oder weniger langfristig Preise mit ihren Versorgern vereinbart haben, entsteht bei diesen ein Solvenzproblem, das über kurz oder lang zur Zahlungsunfähigkeit, und daraus folgend zur Einstellung der Belieferung des Versorgers und seiner Kunden führen würde. Als Gegenmaßnahme ist im EnSiG § 24 vorgesehen, dass die Versorger in dieser Lage ihre Einkaufspreise an die Verbraucher durchreichen können. Das Solvenzproblem verschiebt sich dann zu den Privathaushalten – dort typischerweise „Armut“ genannt. Zugleich wäre diese Maßnahme ein massiver Vertrauensbruch für alle Kunden, die vorausschauend gehandelt und langfristige Verträge abgeschlossen haben. Zumindest das Armutsproblem dürfte der Regierung vage bewusst sein, sodass mit gewaltigen weiteren Hilfspaketen für die Bürger in Form von Ausgleichszahlungen oder Steuerermäßigungen zu rechnen wäre.

Bei akutem Gasmangel, das entspricht der dritten Stufe („Notfallstufe“) des Notfallplans Gas, wird die Regierung dann durch die Bundesnetzagentur über die Zuteilung von Erdgas entscheiden. Diese Maßnahmen werden voraussichtlich nicht erst ergriffen werden, wenn die Speicher leer gelaufen sind, sondern bereits vorher, um die Reserven über die Zeit zu strecken. Abhängig von der Entscheidung können grob drei mögliche betroffene Bereiche identifiziert werden: Die Privathaushalte, die Industrie und die Stromerzeugung.

Kürzt die Regierung den Privathaushalten die Zufuhr, wird der Winter im wahrsten Sinne des Wortes ungemütlich – jedenfalls in den eigenen vier Wänden. Wahrscheinlich müssten wir uns großflächig auf Wärmestuben in den Teilen Deutschlands einrichten, die vorwiegend mit russischem Gas versorgt werden. Da die Menschen die Folgen unmittelbar zu spüren bekommen, wäre es vermutlich der direkteste Weg, die Knappheit in einen Volksaufstand umzuwandeln. Zudem weist die Bundesnetzagentur darauf hin, dass eine Reduktion des Drucks in den Gasleiten zum Auslösen von Sicherungen in den Gasheizungen führe, die durch Installateure wieder freigeschaltet werden müssten. Das heißt, dass infolge eines solchen Ereignis die Heizungen wohl wochenlang ausfallen würden. Daher scheint es schwer vorstellbar, dass die Behörden diesen Weg wählen würden.

Wenn der Industrie das Gas abgeschaltet wird, sind grob zwei Gruppen von Unternehmen betroffen: Chemische Betriebe, die Gas als Rohstoff und nicht als Energiequelle nutzen, sowie Betriebe, die Gas zur Wärmeerzeugung nutzen, etwa in Schmelzöfen. Die betroffenen Betriebe müssten ihre Produktion drosseln oder sogar einstellen. Infolgedessen wird es kurzfristig zu Knappheiten und mittelfristig (verzögert aufgrund von Rigiditäten aus Arbeitsverträgen und Instrumenten wie Kurzarbeitergeld) zu Einkommensverlusten kommen. Hinzu kommt, dass einige Anlagen durch ihre Abschaltung beschädigt oder gar zerstört würden. Schmelzöfen und chemische Anlagen sind oft für den Dauerbetrieb ausgelegt; ihre Abschaltung würde zur Erstarrung der Werkstoffe führen. Die Anlagen können ggf. nicht mehr oder nur unter großem Aufwand wieder in Betrieb gesetzt werden. Aus einer Gasabschaltung kann so ein massiver Kapitalverlust entstehen, der einzelne Betriebe besonders treffen und, unkompensiert, zahlreiche dauerhafte Betriebsschließungen auslösen würde. Obwohl eine solche Maßnahme also einen Deindustrialisierungsschub auslösen würde, halte ich es für denkbar, dass die Behörden die Gaszuteilung der Industrie kürzen; dies ist in den Notfallplänen sogar vorgesehen. Ähnlich wie bei den Lockdowns würde der Bund mutmaßlich die Schäden mit Geld kompensieren – ein neuer Schub leistungsloser Geldzahlungen mit inflationärer Wirkung.

Entscheidet die Regierung, die Gaskraftwerke abzuschalten, wären Stromausfälle die Folge. Dabei würde nicht dauerhaft, d.h. nicht tagelang der Strom ausfallen: In den Mittagsstunden, wo selbst im Winter etwas Solarstrom erzeugt wird, und bei windigem Wetter würde ausreichend Strom zur Verfügung stehen. Die Gefahr eines richtigen unkontrollierten „Blackouts“, d.h. eines flächigen und langandauernden Stromausfalls halte ich für eher gering, da die Behörden dies durch gezielte Abschaltungen vermeiden können. Kurzzeitige unkontrollierte Stromausfälle infolge von Netzinstabilitäten könnten jedoch zunehmen.

Für die Phasen nicht ausreichender Stromerzeugung könnte beispielsweise der Strom in einzelnen Stadtvierteln im Wechsel abgeschaltet werden. Die Folgen für unser Leben wären massiv: Die Beleuchtung würde ausfallen; wir säßen im Dunkeln. Der Herd bliebe kalt. Die Nutzung von Computern wäre unmöglich. Radio hören und Fernsehen gingen nicht. Und auch der Betrieb von Smartphones mit geladenem Akku wäre nicht sinnvoll möglich, da zugleich die Internetversorgung ausfallen würde. Wo vorhanden, werden Notstromaggregate einspringen, was den Dieselverbrauch im Land erhöht. Allerdings würde nicht vollumfänglich der verbrauchte Strom eingespart werden, da auch Nachholeffekte auftreten: Kühltruhen werden, sobald der Strom wieder da ist, den Kälteverlust ausgleichen. Ggf. würden die Menschen als Reaktion sogar die Kühltemperatur senken, um längere Ausfallphasen überbrücken zu können. Und auch Fernsehkonsum oder PC-Nutzung würde in Zeiten verfügbaren Stroms teils nachgeholt werden. Der Einspareffekt sinkt also, jedoch verderben auch nicht die gekühlten Lebensmittelvoräte der Bürger. Mitbetroffen wäre auch die in den entsprechenden Gebieten angesiedelte Industrie mit entsprechenden Produktionseinbußen. Insgesamt wären die Folgen für den Lebensrhytmus der Bürger gravierend, da der Tagesablauf an die Stromverfügbarkeit angepasst werden müsste. Neben dem unmittelbaren Verlust an Lebensqualität würde dies zudem psychische (ähnlich zur Zeitumstellung) und wirtschaftliche (Produktivitätsverluste und geringere Arbeitszeiten) Folgen haben.

Alternativ zu einer Abschaltung von Stadtteilen könnte direkt die Zuteilung von Strom an die Industrie gekürzt werden, mit ähnlicher Wirkung wie bei Kürzung der Gaszuteilung. Denkbar wäre auch, den Betrieb von Elektrofahrzeugen zu verbieten. Dies ist jedoch äußerst unwahrscheinlich, nachdem bisher die Menschen politisch gewollt zur Elektromobilität gedrängt wurden. In diesem Fall würde der Verbrauch vermutlich durch Verbrennungsmotoren substituiert werden; Gebrauchtfahrzeuge sollten ausreichend verfügbar sein. Hierdurch stiege jedoch der Benzinverbrauch, wo die Versorgungslage ohne russisches Öl auch bereits angespannt ist. Denkbar wäre auch, den Bahnstrom abzuschalten. Auch dies halte ich für sehr unwahrscheinlich, da die Kollateralschäden enorm wären: In geringem Umfang würde auch hier eine Substition erfolgen, aufgrund von Fahrzeugmangel jedoch nur in geringem Umfang. Schlimmer wäre, dass in gewaltigem Ausmaß Lieferketten zusammenbrechen würden – Lieferketten, etwa Kohletransport, die wiederum für die Aufrechterhaltung der Energieversorgung notwendig sind. Die Folge wäre ein unkontrollierter Zusammenbruch des Landes.

Besser funktionieren würde allerdings eine Kürzung des öffentlichen Personenverkehrs, die, ähnlich wie in den Lockdowns, durch die Anordnung von Home-Office flankiert werden könnte. Die erhoffte positive Wirkung auf den Stromverbrauch könnte mit einer Werbekampagne für energiesparende Freizeitbeschäftigungen unterstützt werden. Mit der Home-Office-Maßnahme würde man noch weitere Effekte erzielen: Der Benzinverbrauch durch Pendler würde reduziert, was den Ölverbrauch entlastet und die Heizungen von Büroräumen könnte reduziert werden, was ebenfalls Gas spart. Allerdings wäre die Voraussetzung, dass die Stromversorgung der Haushalte und das Internet stabil bleiben, dann jedoch halten sich die negativen Folgen in Grenzen, und diese Grenzen sind seit den Corona-Lockdowns bekannt und von den Menschen eingeübt. Damit wäre dies eine vergleichsweise attraktive Maßnahme. Die Schulen würde ich jedoch nicht schließen, da, jenseits von den auch inzwischen bekannten Schäden für die Kinder, Online-Unterricht vermutlich keine positive Energiebilanz hat.

Als Regierung würde ich jedenfalls mit einer Home-Office-Anordnung beginnen und die Heizungen öffentlicher Gebäude abschalten. Im zweiten Schritt kämen Kürzungen bei Industriebetrieben, bei denen keine Schäden an den Anlagen drohen. Drittens würde ich die Gaskraftwerke abschalten, also die Stromerzeugung reduzieren. Dies würde ich durch Abschaltung des Stroms in wechselnden Stadtteilen umsetzen. Im vierten Schritt kämen die verbleibenden Industriebetriebe an die Reihe, und erst zuletzt die Gasheizungen von Privatleuten. Ich glaube allerdings nicht, dass eine Regierung diese Maßnahmen bis zur fünften beschriebenen Stufe im Amt erleben würde.

Im letzten Artikel habe ich ausgeführt, dass bei einem Stopp der russischen Gaszufuhr es im kommenden Winter wahrscheinlich zu Gasmangel in Deutschland kommen wird. Können wir unseren Gasverbrauch ausreichend reduzieren, um durch den Winter zu kommen?

Der Gasverbrauch in Deutschland entfällt zu etwas mehr als einem Drittel, 37 %, auf die Industrie. Privathaushalte (ohne Fernwärme) verbrauchen 31 %, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen verbrauchten 13 % und der Stromerzeugung dienten 12 %. Auf Fernwärme entfallen 7 %, die zwar durch Haushalte und Gewerbe genutzt werden, jedoch an Industrie und Stromerzeugung gekoppelt sind, da überwiegend Abwärme genutzt wird.

Zunächst werden alle Verbraucher alle kurzfristigen Sparpotentiale ausschöpfen. Die Regierung wird dazu weiterhin aufrufen, aber der wesentliche Hebel ist der Preismechanismus. Dieser wirkt bereits jetzt, da die tatsächlichen Gaspreise bereits deutlich gestiegen sind, und die Erwartung eines weiteren Preisanstiegs bei einem (für Privatleute) nicht lagerbaren Verbrauchsgut auch nicht zu Hamsterkäufen oder einem Vorziehen des Verbrauchs führt. Man kann nicht vorsorglich heizen. Führt man die Zahlen von April und Mai diesen Jahres nicht auf mildes Wetter, sondern auf Sparsamkeit zurück, scheint durchaus Potential vorhanden zu sein. Da derzeit nicht geheizt wird, sind durch Absenkung der Raumtemperatur und Reduktion des Warmwasserverbrauchs für den kommenden Winter weitere Potentiale vorhanden, deren Realisierung allerdings auch ein wenig Lebensqualität nimmt. Bei der Beheizung öffentlicher Gebäude kann der Staat Sparmaßnahmen sogar direkt umsetzen, ohne auf den Preismechanismus hoffen zu müssen. Mittel- und langfristige Sparpotentiale, etwa durch Wärmedämmung oder Modernisierung von Heizungsanlagen lassen sich zum kommenden Winter allerdings nicht heben. Zudem ist davon auszugehen, dass der industrielle Gasverbrauch durch Sparsamkeit kurzfristig kaum zu senken ist, da die Industrie unter Preisdruck auch bislang schon kaum mehr Gas verbraucht haben dürfte, als sie zur Produktion benötigt. Schaffen die Haushalte sowie der Gewerbe- und Dienstleistungssektor, ihren Verbrauch um 10 % zu senken, reduziert sich der Gesamtverbrauch in Deutschland um 4,4 %. Sparsamkeit ist insgesamt die einfachste und unschädlichste Methode zum Gegensteuern, reicht damit aber bei weitem nicht aus, um ohne russisches Gas auszukommen.

Können wir beim Heizen kurzfristig von Gas auf andere Energieträger umsteigen? Eher nicht. Ein kurzfristiger Austausch der Heizungen ist unmöglich und die meisten Gebäude sind nur mit einer Heizung oder Fernwärme ausgestattet. Die Anzahl der noch vorhandenen Kohleöfen ist vernachlässigbar, und die oft vorhandenen Kaminöfen in Einfamilienhäusern dienen überwiegend eher dekorativen Zwecken: Warmwasser können sie nicht erzeugen und sie können nur das Wohnzimmer damit beheizen. Ausreichend Brennstoff dürften außerdem die wenigsten haben, über den erforderlichen Kahlschlag in den Wäldern, Smog-Effekte und Mehrbedarf bei der Feuerwehr möchte ich an dieser Stelle nicht weiter spekulieren. Und wenn wir unsere Wohnungen mit Heizlüftern heizen und Warmwasser mit Wasserkochern erzeugen? Dann hätten wir das nächste Problem.

Nehmen wir also die Stromerzeugung in den Blick. Können wir hier Gaskraftwerke durch andere Energieträger ersetzen? Konventionelle Energieträger machen heute noch immer einen großen Anteil der Energieerzeugung aus. Per „Augenintegral“ im Schnitt etwa die Hälfte. Die starken und unkorrelierten Schwankungen der erneueraren Energien Wind und Sonne sowie des Verbrauchs werden hauptsächlich durch die fossilen Energieträger Kohle und Gas ausgesteuert. In der Spitze wurden im letzten Jahr bis zu 15 GW aus Gas gewonnen, die zu ersetzen wären. Hinzu kommt, dass Stand heute ab Januar 2023 die letzten 4 GW Kernenergie substituiert werden müssen. In Summe also 19 GW. Geht das?

Aus erneuerbaren Energien jedenfalls nicht, da diese entweder nicht regelbar sind, oder, wie Waserkraft und Biomasse, bereits dauerhaft vollausgelastet sind. Stromimporte können nicht als Lösung dienen, da unsere Nachbarländer vor ähnlichen Problemen stehen. Auch bei Braun- und Steinkohle ist davon auszugehen, dass diese gerade in den Spitzenstunden der Erdgaskraftwerke ebenfalls unter hoher Last laufen. Vergleicht man die konventionelle Energieerzeugung mit der installierten Leistung laut Bundesnetzagentur, fällt auf, dass die Kohlekraftwerke viel stärker ausgelastet waren als die Gaskraftwerke, bei denen selbst die 15 GW in der Spitze nur die Hälfte der installierten Leistung sind. Das heißt, unsere Gaskraftwerke waren schon bisher nicht ausgelastet, die Kohlekraftwerke allerdings schon! Allerdings gibt es zahlreiche Kraftwerke, darunter jedoch auch Gasbetriebene, die als Reserve vorgehalten bzw. reaktivierbar wären. Summiert man die die Sicherheitsbereitschaft, Netzreserve und die nur vorläufig stillgelegten, nicht mit Erdgas betriebenen Kraftwerke, kommt man auf 8,1 GW. Allerdings kommen auch Steinkohle und Öl, auf die 6,1 GW hiervon entfallen, zu geringen Teilen aus Russland. Die Versorgung dieser Kraftwerke ist also auch nicht ohne Schwierigkeiten. Lässt man das außen vor, fehlen also noch 11 GW.

Lassen sich die letzten Atomkraftwerke weiterbetreiben? Möglicherweise, jedoch braucht es hierfür Vorbereitungszeit, da einerseits Sicherheitsüberprüfungen notwendig wären, und andererseits für die Kraftwerke kein Brennstoff mehr vorgehalten wird. Manche Betreiber haben jedoch signalisiert, dass eine Verlängerung bis zum Ende des Winters machbar wäre. Nehmen wir also an, das wir die Atommeiler über den Winter bringen – und stellen uns die schadenfrohen Gesichter vor, wenn ein grüner Wirtschaftsminister die Kohleverstromung hochfährt und den Atomausstieg revidiert – dann fehlen uns noch immer 7 GW. Das entspricht etwa der Hälfte unserer Stromerzeugung mit Gas. Anders herum bedeutet das: Wir können etwa die Hälfte unserer Gasverstromung sustituieren und damit weitere 6 % unseres Gasverbrauchs einsparen.

Ohne drastische Konsequenzen sind also etwa 10 % Einsparung des Gesamtgasverbrauchs erzielbar. Weitere Einsparversuche würden mit einer Reduktion unserer Industrieproduktion, Stromausfällen oder dem Ausfall unserer Heizungen einhergehen. Gegenüber den Szenarien des vorherigen Artikels kommen wir damit über den Winter, wenn wir zu 30 % von russischem Gas abhängig sind, auch wenn die Zufuhr bereits im Juli gekappt wird (haben dann aber erstmal nahezu vollständig geleerte Speicher). In den Szenarien mit 55 % Anteil Russlands gewinnen wir durch die Einsparung etwa einen Monat, sodass bei einem Stopp der Zufuhr im November Mitte März, und bei einem Stopp der Zufuhr am 11.07. Mitte Februar das Gas verbraucht ist.

Noch reden alle nur davon, aber wann wird denn Erdgas in Deutschland wirklich knapp? Aktuell sind die Gasspeicher Deutschlands und auch die in der EU zu ca. 60 % gefüllt. Der Füllstand ist deutlich höher als vor einem Jahr (aber deutlich niedriger als vor zwei Jahren), und er stieg – trotz aller Hysterie – in den letzten Wochen im Schnitt um etwa 0,3 Prozentpunkte pro Tag. In der Vergangenheit begann die Leerung der Gasspeicher etwa Mitte Oktober. Bei gleichbleibender Einspeicherrate bis dahin wäre ein Füllstand von etwas über 90 % zum Winterbeginn realistisch. Also alles gut?

Das damit gespeicherte Gas, in Deutschland etwa 235 TWh, entspräche dann etwa 22 % des Jahresverbrauchs. Auch hier sind sich die Zahlen nur für Deutschland und für die gesamte EU ähnlich. Bedingt durch die Heizsaison verhält sich der Gasverbrauch zyklisch. Aktuell ist der Verbrauch sommerbedingt gering. Zwischen den Sommer- und Wintermonaten liegt etwa der Faktor drei. Würde also rein hypothetisch die Gaszufuhr (aus allen Ländern) im November komplett gestoppt, würde das gespeicherte Gas zu Jahresende verbraucht sein. Das Szenario ist aber ein reines Rechenexperiment, da Gas auch aus Ländern importiert wird, mit denen die EU keinen Wirtschaftskrieg führt. Laut Tagesschau hat Deutschland allerdings zuletzt 55 % seines Gases aus Russland importiert. Fällt „nur“ das ab November weg, dann würde der gespeicherte Vorrat bis Mitte Februar reichen.

Die Verbrauchszahlen für April und Mai 2022 zeigen eine deutliche Reduktion ggü. dem Vorjahr. Darüber, ob dies auf geringeren Heizbedarf (wärmeres Wetter), schlechtere Konjunktur (Industrieverbrauch), Politische Maßnahmen (Reduktion der Wassertemperaturen im Schwimmbad) oder auf den Preisanstieg (Sparsamkeit oder Wechsel auf andere Energieträger) zurückgeht, lässt sich nur spekulieren. Fakt ist: Die aktuellen positiven Einspeicherraten erreichen wir auch durch einen niedrigen Verbrauch, dies dürfte erklären, warum wir sie trotz der reduzierten Gaszufuhr aus Russland erreichen. Insbesondere ist laut dem Tagesschau-Artikel, sowie einem neueren der FAZ, der Anteil russischen Gases bereits Richtung 30 % gesunken. Dann würde der Füllstand wohl knapp durch den Winter reichen. Vor dem Hintergrund des niedrigen Verbrauchs ist es jedoch leicht, den Anteil russischen Gases zu reduzieren; ob diese Lieferkapazitäten der Länder außer Russland, die mutmaßlich bereits jetzt vollständig ausgelastet werden, bis zum Winter signifikant (Erinnerung: Faktor drei!) angehoben werden können, ist fraglich. Zudem wäre im nächsten Sommer zu klären, womit wir dann die Speicher neu befüllen.

Nun hatten wir bisher mit einem Importstopp russischen Gases ab November 2022 gerechnet. Tatsächlich soll North Stream 1, die wesentliche Gaspipeline aus Russland, ab 11.07. wegen Wartungsarbeiten für 10 Tage außer Betrieb genommen wereden. Da ansonsten nur die durch die Ukraine führende Transgas-Pipeline besteht (die jedoch auch noch andere EU-Länder versorgt) und North Stream 2 und Jamal außer Betrieb sind, kommt dies einem vollständigen Lieferstopp für Deutschland sehr nahe. Politik und Medien spekulieren, ob nach den Wartungsarbeiten die Lieferungen wieder aufgenommen werden. Wenn der aktuelle 30-Prozent-Anteil Russlands stimmt, dann würde, bei geschätztem aktuellem Verbrauch von 1 TWh, zzgl der etwa 0,7 TWh Einspeichermenge am Tag, ein Stopp der Zufuhr aus Russland den Entfall von 0,5 TWh Gas am Tag bedeuten. Dadurch würde die Einspeicherrate auf 0,08 Prozentpunkte sinken. Für 10 Tage wäre dies vernachlässigbar, stoppt die Zufuhr dauerhaft, würden wir bis November noch etwa 70 % Füllstand der Speicher erreichen – also etwa den Füllstand, mit dem wir in den letzten Winter gegangen sind. Das würde dann bei Entfall von 55 % des Gasimports bis Mitte Januar, und beim aktuellen 30-%-Anteil bis Ende Februar reichen.

Zusammengefasst: Sollte ein Import russischen Gases nicht mehr möglich sein, ist mit Gasmangel in Deutschland zu rechnen. Tritt der Importstopp zum Beginn der Heizsaison ein, könnten die bis dahin gespeicherten Mengen knapp über den Winter reichen, falls das Gasangebot der anderen Exporteure ausreichend elastisch ist. Tritt der Importstopp früher ein, oder können die anderen Exporteure nicht mehr liefern, ist bereits ab Mitte Januar 2023 mit akutem Mangel zu rechnen. Die tatsächlichen Auswirkungen würden freilich schon etwas eher eintreten, da die Regierung bereits vor der vollständigen Entleerung der Speicherkavernen radikale Rationierungsmaßnahmen ergreifen würde, um den Verbrauch zu senken.

Seit ich diesen Blog betreibe, habe ich immer wieder expansive Wirtschaftspolitik gefordert. Man könnte meinen, ich könnte heute nicht zufrieder sein: Die Regierung will 100 Mrd. € in die Bundeswehr investieren, die Regierung gibt eine Energiepauschale von 300 € für jeden die meisten, Geringverdiener erhalten ein „Klimageld“, während Corona wurden schon gewaltige Summen für Schutzmaßnahmen (Maskenkauf, Schnelltests, PCR-Tests, Impfungen) ausgegeben, die Ausfälle der Unternehmen in den Lockdowns wurden weitgehend durch den Staat kompensiert, mit dem 9-Euro-Ticket werden die Fahrpreise im ÖPNV für drei Monate nahezu gestrichen, das Hartz-IV-Sanktionsregime wurde quasi aufgehoben und ALG II wird durch ein deutlich höheres Bürgergeld ersetzt, und so weiter, und so fort.

Diese Entwicklung hat, wohlgemerkt, schon unter der letzten Merkel-Regierung begonnen, aber die Ampel-Koalition ist dabei tatkräftiger als alle vier Merkel-Regierungen zusammen. Das muss man anerkennen, doch zufrieden bin ich mit dem Resultat dennoch nicht.

Das liegt nicht daran, dass diese Maßnahmen nicht wirken werden. Sie wirken bereits jetzt. Das wusste schon der alte Keynes, der scherzhaft in seinen Schriften vorgeschlagen hat, man könne die Wirtschaft ankurbeln, indem man Leute dafür bezahlt, sinnlose Dinge zu tun, etwa Pyramiden zu bauen oder Geld erst zu vergraben und dann wieder auszugraben. Das haben alte und neue Regierung vollständig verinnerlicht (vermutlich ohne Keynes gelesen haben), und sogar noch weiter getrieben. Die Corona-Ersatzleistungen waren leistungslose Geschenke (wenn auch unbestreitbar notwendig), ebenso leistungslos sind Bürgergeld, Klimageld und Energiepauschale. Die Milliarden für Corona-Schutzmaßnahmen waren völlig sinnlose Ausgaben, aber nicht leistungslos, da Masken, Tests und Impfungen dafür hergestellt und durchgeführt wurden. Und das Bundeswehr-Aufrüstungsprogramm fällt in die Kategorie „Pyramiden“, wahrscheinlich sogar goldene Pyramiden, wenn man bedenkt, wie teuer Rüstungsgüter und die anscheinend unvermeidlich dazugehörigen Berater sind.

Das Problem ist auch nicht, dass solche Maßnahmen prinzipiell zu starker Inflation führen müssen. Wenn die Leute das Geld, dass sie als Geschenk oder für Blindleistung erhalten, einfach nur sammeln und auf ihr Sparbuch legen, passiert garnichts. Wenn die Leute damit Dinge kaufen, und allgemein ein Nachfragemangel herrscht, dann kurbelt es die Wirtschaft an, aber nicht die Inflation. Wenn allerdings die Bürger um knappe Güter konkurrieren müssen, dann kurbelt es die Preise an, während der realwirtschaftliche Effekt (und damit z.B. auf die Arbeitslosigkeit) sich in Grenzen hält.

Vor ein paar Jahren hätte man dann gefragt, wo denn in unserer Überflussgesellschaft diese Knappheiten sein sollen, um die die Bürger zu konkurrieren gezwungen sind. Heute ist das anders: Öl, Gas, Strom – alles knapp. Und sogar Konsumgüter sind aufgrund von lockdownbedingten Produktionsausfällen und Logistikproblemen heute knapp. Die Regierungsmaßnahmen dienen überwiegend dazu, die Folgen davon zu kompensieren – und das ist das Paradoxe: Die Regierung kurbelt die Nachfrage an, um ein Angebotsproblem zu bewältigen. Und nicht nur das: Sie hat das Angebotsproblem selbst (mit) herbeigeführt. Wir haben die Russlandsanktionen ins Werk gesetzt. Wir haben Corona-Lockdowns gemacht. Nichts davon war alternativlos, es war bloß alles politischer Konsens. Prinzip „tausend Fliegen können nicht irren“.

Jetzt bekämpft die Regierung also mit untauglichen Mitteln selbstverschuldete Probleme. Es ist gewissermaßen der Versuch, Strohfeuer als Energielieferant für unsere Wirtschaft einzusetzen. Nochmal: Die Maßnahmen wirken. Nur wegen der vielen Maßnahmen sehen wir in den Statistiken so wenige ökonomischen Folgen der Lockdowns. Nur haben wir einstweilen kein Nachfrage- sondern ein Angebotsproblem, und deshalb sind nun Preissteigerungen die Hauptwirkung: Man kann ein Auto unter größtem Energieeinsatz auch bei angezogener Handbremse bewegen.

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