PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Der öffentliche Verkehr leidet unter Staus, Lärm, Überfüllung, fehlender regionaler Anbindung, Unzuverlässigkeit und diversen weiteren Problemen. In der Serie „Verkehrspolitik“ möchte ich diese näher untersuchen und Vorschläge machen, wie sie in den Griff zu kriegen sind. Nach der einführenden Darlegung der Kernprobleme sollen nun die zugrundeliegenden Ursachenkomplexe untersucht werden.

In der Einführung wurde dargestellt, dass die Masse des Verkehrs, seine Verteilung und seine Gestaltung (d. h. der Individualverkehr) die Kernprobleme sind, die den diversen Symptomen des Verkehrswesens zugrundeliegen. Wie ist es dazu gekommen? Es ist einigermaßen witzlos, zu lamentieren, der technische Fortschritt sei „schuld“. Der technische Fortschritt hat es zwar ermöglicht, dass die Menschen in nie dagewesenem Ausmaß mobil sind, gleichwohl ist es eine mehr oder weniger natürliche Entwicklung, die als Ursache nicht taugt, weil sie weder verhinderbar noch behebbar ist – abgesehen von der Tatsache, dass technischer Fortschritt ansich doch positiv zu bewerten ist. Ähnlich unbrauchbar – zumindest im Sinne der Lösungsfindung – ist es zunächst, auf den Egoismus jedes Einzelnen zu schimpfen, der dazu führe, dass die Menschen mit dem Auto fahren, anstatt Fahrrad, Bus und Bahn zu nehmen. Dennoch führt dieser Ansatz in eine richtige Richtung: Es ist ein politisches Problem. Es ist eine, wenn nicht die elementare Aufgabe der Politik, das gesellschaftliche Zusammenleben zu regeln; Einzugreifen, wenn Dinge aus dem Ruder laufen; Zu steuern, wo Steuerung im Sinne der Gesellschaft nötig ist. Wurde diese Aufgabe verantwortungsvoll wahrgenommen?

Die Politik der Regierungen konzentrierte sich – wenn überhaupt – auf die Symptombekämpfung. Autobahnen werden verbreitert, Umgehungsstraßen gebaut, stark frequentierte Bahnstrecken manchmal ausgebaut, neue Flughäfen errichtet und bestehende erweitert. Dabei ist eine konsequente Bevorzugung öffentlicher Verkehrsmittel als umweltfreundlichere und kapazitativere Alternative gegenüber dem Individualverkehr wenig bis garnicht zu spüren gewesen. Maßnahmen zur Eindämmung der schieren Masse des Verkehrs oder dessen Erscheinen als Individualverkehr wurden nicht in erwähnenswertem Umfang getroffen. Ein gewisses Umdenken bei Einigen ist mittlerweile aber zu bemerken (beispielsweise daran, dass die Kommunen heutzutage durchaus Interesse daran haben, den Fahrradverker zu fördern. Dieser ist zwar Individualverkehr, allerdings zumeist unmotorisiert und weist daher keine vergleichbaren Probleme auf wie der Autoverkehr). Darin, der Ausweitung des Verkehrs generell und dem Trend zum motorisierten Individualverkehr nicht von vornherein und konsequent entgegengewirkt zu haben, besteht die erste Fehlsteuerung der Politik. Fairerweise muss man jedoch anmerken, dass insbesondere die Masse des Verkehres zu begrenzen eine höchst diffizile Angelegenheit ist, weil der Anstieg des allgemeinen Lebensstandards natürlich auch manch zusätzliche Mobilität erfordert und eine Einwirkung auf individuelles Verhalten ohne Verärgerung des Betroffenen oft unmöglich ist.

Die zweite Fehlsteuerung sind die völlig unzureichenden und zuweilen kontraproduktiven Maßnahmen zur Bekämpfung der Landflucht und der Urbanisierung. Insbesondere „Landflucht“ ist ein Phänomen, dass man mehr mit Afrika in Verbindung bringt, es findet aber auch in (geringerem) Ausmaß und mit anderer Prägung in Industrieländern wie Deutschland statt. Wie in der Dritten Welt entvölkern sich ganze Landstriche; das ist in Deutschland insbesondere die frühere DDR, während immer mehr Leute in die Städte (im Westen) ziehen. Das Leben der Bevölkerung konzentriert sich zudem auch immer mehr auf umliegende aber entferntere Zentren, weil lokale Möglichkeiten des Einkaufs und der Freizeitgestaltung zunehmend dorthin abwandern, bzw. neue Angebote erst nicht entstehen. Einige andere aktuelle Probleme sind unter anderem auch darauf zurückzuführen: Die Wohnungsnot und Mietpreisexplosion in den Städten. Das ist auch der Hintergrund des Verteilungsungleichgewichts der Verkehrsbelastung zwischen Städten und Peripherie. Den Städten – ohnehin prinzpbedingt anfällig für zu große Verkehrsdichten – wurde weiterer Verkehr aus dem Land – wo Platz im Überfluss ist – zugeschoben. In der Folge platzt der Verkehr in den Städten aus allen Nähten; Die dortigen Ausbaumaßnahmen sind Tropfen auf einen heißen Stein; Und auf dem Land wurde bestehende Verkehrsinfrastruktur überflüssig, die man dann verrotten ließ und zurückbaute.

Die dritte Fehlsteuerung ist die drastische Unterfinanzierung der Infrastruktur. Die Forderng, dass öffentliche Güter betriebswirtschaftlich kostendeckend angeboten werden sollen, kombiniert mit der Vorstellung, dass sich durch Sparmaßnahmen finanzielle Probleme nachhaltig lösen ließen, sowie der Strategie „Privat vor Staat“, hat zu einer gründlichen und nachhaltigen Ruiinierung der Infrastruktur einer der reichsten Industrienationen der Welt geführt (übrigens nicht nur im Verkehrswesen). Durch den langen Zeithorizont von Investitionen zeigen sich Veränderungen jedoch nur sehr langsam. Dadurch ließ sich kurzfristig Geld sparen, ohne das sich Probleme zeigen. Die nun jedoch immer deutlicher werdende Infrastrukturmisere in Deutschland sind nun die Folge von Jahrzehnten der Geldverschwendung und Unterfinanzierung.

Auf die einzelnen Aspekte dieser Fehlsteuerungen wird im Detail in den folgenden Beiträgen eingegangen. Den Anfang macht hierbei die Landflucht in Deutschland.

Gegenwart