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2023 ist vorbei, und es gilt, eine neue Konjunkturprognose für die nächsten zwei Jahre aufzustellen, und die vorherige Prognose auszuwerten. Die einzelnen Zahlen der neuen Prognose finden sich auf dieser Seite.

Zunächst soll aber die letztjährige Prognose ausgewertet werden. Erstmals seit 2019 handelt es sich um ein Jahr ohne außergewöhnliche Sonderereignisse (obwohl die Regierung sich in einem Notstand wähnt). Daher können auch wieder übliche Maßstäbe an die Auswertung gelegt werden. Für 2023 hatte ich einen Rückgang der Wirtschaftsleistung von 2,3 % vorausgesagt. Unter Berücksichtigung der bislang vorliegenden Zahlen der ersten drei Quartale gehe ich derzeit rechnerisch von einem preisbereinigten minimalen Wachstum von 0,1 % aus. Die Institute und der Sachverständigenrat sind für das abgelaufene Jahr übrigens etwas pessimistischer, was an Abweichungen der verwendeten Saisonbereinigung, dem Berliner Verfahren ggü. X13, liegt. Insgesamt ist das Jahr damit von der Produktionsseite besser gelaufen, als vermutet. Die ersten zwei Komponenten der inländischen Verwendung Konsum und Investitionen haben sichallerdings ziemlich genau wie prognostiziert entwickelt (Rückgang des Konsums, Stagnation der Investitionen). Auf der inländischen, privaten Verwenderseite ist damit – wenn man die Vorratsveränderungen außen vor lässt – das Jahr wie prognostiziert desaströs verlaufen. Die dritte inländische Verwendungskomponente, Staatsausgaben, ist sogar deutlich geschrumpft – hier hatte ich Wachstum erwartet. Als Ursache für die Abweichung sehe ich hier, dass ich nicht berücksichtigt habe, dass die Staatsausgaben infolge der Corona-Jahre schon auf außerordentlich hohem Niveau standen, und bereits eine nur teilweise Umwidmung zu anderen Zwecken bereits eine Ausweitung der Staatsaktivität über das frühere Niveau hin bedeutet hätte.

Der Grund für die Abweichung der Gesamtprognose, also dass das BIP sich dennoch besser entwickelt hat, als erwartet, liegt hingegen im Außenbeitrag, der entgegen meiner Prognose nicht ins negative gerutscht ist, sondern sich deutlich auf ca. 5 % erholt hat. Dem liegt ein Preiseffekt zu Grunde: Deutschlands Energieimporte haben sich Ende 2022 durch die Energiekrise deutlich verteuert, was maßgeblich einen Anstieg der nominalen Importe oberhalb der Inflationsrate bewirkt hat. Inzwischen sind die Energiepreise deutlich gefallen – hiervon war ich nicht ausgegangen –, sodass auch die Importe wieder stark zurückgegangen sind. Die Exporte sind weniger stark gefallen, da hier Preiseffekte eine geringere Rolle gespielt haben, daher ist der Außenbeitrag wieder gestiegen. Die Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes ist damit vor allem durch den Rückgang der Importpreise gestützt worden, nicht in einer Produktionsausweitung zugunsten des Exports (im Gegenteil).

Der Sachverständigenrat hat im November 2022 für 2023 ein Rückgang um 0,2 % prognostiziert und lag damit recht gut (aber ich genehmige mir an dieser Stelle die Bemerkung, dass man im März 2022, also ein halbes Jahr davor, noch meinte, die Wirtschaft werde um beeindruckende 3,6 % wachsen, während ich im Dezember 2021 für 2023 0,2 % erwartet hatte); insgesamt gewinnen dieses Mal die Institute. Bei der Inflation lagen sowohl ich (7,5 %), als auch der Rat (7,4 %) weit daneben, da es hier auf etwa 3,5 % hinauslaufen dürfte (Flassbeck hat Recht behalten).

Die kommende Prognose erstreckt sich erneut über 9 Quartale, vom letzten des Jahres 2023 bis zum letzten des Jahres 2025. Die zugrundeliegende Methode ist erneut eine Fortschreibung der bisherigen Entwicklung, korrigiert um erwartete zukünftige Abweichungen, die im Folgenden näher erläutert werden sollen.

Die deutsche Wirtschaft befindet sich nach dem letzjährigen Abschwung nun in der Depression, also bei Ausbleiben weiterer Schocks ist der konjunkturelle Tiefpunkt erreicht. In diesem Tiefpunkt verharrt die Wirtschaft voraussichtlich zu Beginn des Jahres 2024 und wird anschließend nur eine sehr schwache Erholung sehen, da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Deutschland weiterhin schlecht bleiben; vergangenes Jahr habe ich diese bereits ausführlicher beschrieben.

Die Inflation der Verbraucherpreise wird in den kommenden zwei Jahren mit 3,0 % etwas über der Zielinflationsrate des Euroraums liegen. Es hat sich – trotz eines medial kolportierten gegenteiligen Eindrucks, keine Inflationsdynamik aus den Preisschocks von 2022 entwickelt. Daher rechne ich lediglich mit verbleibenden Nachläufern aus gestiegenen Erzeugerpreisen des abgelaufenen Jahres.

Für Konsum und Bruttoanlageinvestitionen erwarte ich eine zu Anfang 2024 noch deutlich abgeschwächte Entwicklung, die sich bis Mitte 2025 auf ein moderates Wachstum steigert. Zu Jahresbeginn werden zusätzlich von schon angekündigten Streiks negative Effekte auf Konsum und Investitionen ausgehen. Da die Dauer und das Ausmaß nicht absehbar ist, ist die Höhe aber nicht seriös vorhersehbar. Im Import gehe ich von einem konstanten moderaten Wachstum auf dem Niveau der letzten Jahre aus, während ich im Export eine deutlich schlechtere Entwicklung erwarte, da eine Produktion in Deutschland, schon gar für den Export, durch die Politik der letzten zwei Jahre nachhaltig unattraktiv gemacht wurde. Für die nächsten Jahre gehe ich hier von einem realen Rückgang infolge sukzessiver Produktionseinstellungen aus, sodass insgesamt auch der Außenbeitrag wieder ein Stück weit fallen wird. Die noch nicht final aufgelöste Haushaltskrise (deretwegen die Regierung, wie eingangs erwähnt, eine akute Notlage herbeiphantasiert hat) wird zu Jahresbeginn einen vorübergehenden Einbruch der Staatsausgaben bewirken, der jedoch teilweise in den nachfolgenden Quartalen aufgeholt wird.

Insgesamt prognostiziere ich daher, dass die Wirtschaft 2024 um 0,3 % schrumpft und 2025 um 0,7 % wächst. Die letztes Jahr ausführlicher beschriebenen negativen Einflussfaktoren und die düstere Langfristperspektive bleiben unverändert.

Gegenwart