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Als Ursache der Ungleichgewichte im Euroraum wird vielfach behauptet, deutsche Lohndrückerei sei mit- oder hauptverantwortlich. Gab es ein solches Lohndumping, oder anders gesagt, eine Umverteilung von Lohneinkommen zu Kapitaleinkommen? Ausgehend von aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zu Lohn- und Unternehmens-/Kapitaleinkommen soll diese Frage mit statistischen und ökonometrischen Mitteln untersucht werden. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Ein drastischer Rückgang des Anteils der Lohneinkommen am Volkseinkommen ist unwiderlegbar vorhanden.

Ausgehend von den Daten zeigt sich, dass es in der Zeitreihe von 1991 bis 2013 zwei Strukturbrüche gab: Der zweite, nämlich die Krise, datiert auf 2008/2009, ist naheliegend. Der erste Strukturbruch geschah 2003/2004, also zur Zeit der Einführung der Hartz-IV-Gesetzgebung (die als mögliche Ursache in Frage kommt). Sehen Sie selbst:

Die rote Linie zeigt den tatsächlichen Anteil der Lohneinkommen am Volkseinkommen. Die blaue Linie zeigt eine lineare Regression gegen die Zeit mit zwei Strukturbrüchen, kurzum: Eine ökonometrische Schätzung als Auswertung der Daten. Legt man diese beiden Strukturbrüche zugrunde, passt der blaue Graph bemerkenswert gut zu den tatsächlichen Werten. Auch statistisch ist der Strukturbruch hochsignifikant, also mit statistischen Methoden als wahrscheinlich nachgewiesen.

Zwischen 2004 und 2009 wurde der Arbeitnehmeranteil um ca. 5 Prozentpunkte gedrückt. Handelt es sich dabei um einen Rückgang, oder lediglich ein stärkeres Wachstum des Kapitalanteils? Der unten stehende Graph zeigt: Die Löhne wuchsen in diesem Zeitraum nahezu nicht. Stattdessen wuchsen die Kapitaleinkommen überproportional. Auffallend ist zudem, auch aber nicht nur im Anblick der Krisenauswirkungen, dass die Kapitaleinkommenszuwächse nach 2003 stärker schwanken als zuvor. Der Beginn der Wirksamkeit der Schröderschen Angebotspolitik markiert also (zufälliger- oder nicht zufälligerweise) den Beginn stark schwankender, aber im Schnitt stärker wachsender Kapitaleinkünfte.

Fragt sich zuletzt noch: Profitieren die Arbeitnehmer wenigstens von Zuwächsen der Kapitaleinkünfte? Nachfolgendes Korrelationsdiagramm visualisiert, was auch der Korrelationskoeffizient von -0,09 sagt: Zuwächse der Lohneinkommen sind nicht mit Zuwächsen der Kapitaleinkommen korreliert. Die Arbeitnehmer profitieren also nicht von Zuwächsen ihrer Arbeitgeber, allerdings geht ihr Zuwachs (der Statistik zufolge) allenfalls schwach zulasten der Arbeitnehmer.

Abschließend lässt sich festhalten: von 2004 bis zur Krise brach der Anteil der Lohneinkommen, der zuvor und bislang auch nach der Krise stabil war und ist, um 5 Prozentpunkte ein. Naheliegend ist, die Agenda-Politik der Rot-Grünen Regierungszeit als Ursache anzunehmen. Die Behauptung eines deutschen Lohndumpings ist, angesichts der insgesamt geringen Lohnsteigerungen und der Phase überproportionaler Renditezuwöchse, zutreffend.

Um die SPD, bzw. ihre Regierungsmitglieder, ist es mal wieder geschehen: Gabriel warnt vor überzogenen Lohnforderungen. Ja, wirklich. SPD-Bundeswirtschaftsminister Gabriel hält 3,5 % für eine überzogene Forderung (Forderung. Das ist kein Tarifabschluss) und warnt davor. Stattdessen wolle man auf eine „Belebung des Arbeitsmarkts“ setzen. Also Lohndumping fortsetzen, um die europäische „Konkurrenz“ aus Italien, Griechenland, Frankreich, ... plattzumachen, bzw. in eine Abwärtsspirale zu zwingen. Das hat die SPD zusammen mit den Grünen ja schon vor 10 Jahren einmal erfolgreich durchgeführt, als Lohn haben wir (oder vielmehr unsere europäischen Partnerländer) ja momentan Euro-Krise. Anstatt das Lohndumping zurückzufahren, soll es fortgesetzt werden. Tja ... wie so oft: Ein Regierungsamt bringt Sozialdemokraten um den Verstand. Oder: Wer die Oppositions-SPD gewählt hat, hat mal wieder eine Regierungs-SPD bekommen. Und das ist offenbar eine CDU mit anderer Familienpolitik.

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