PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Am 26.09.2021 wählt Deutschland den zwanzigsten Bundestag. Im Endspurt vor der Wahl melde ich mich wöchentlich zu Wort. Nach zwei (1, 2) sehr grundsätzlichen Aufsätzen soll nun eine Bilanz der Regierungsarbeit der ablaufenden Legislatur gezogen werden. Das fällt nach den alles überschattenden Corona-Ereignissen schwer, daher ein eher schlaglichtartiger Blick auf die Regierung – trotzdem soll auch die Phase des Regierens unter „gewöhnlichen“ Umständen nicht völlig vergessen werden.

Die Regierungsbildung 2017 verlief so holprig, dass sie sich bis März 2018 verzögerte, denn die SPD stand zunächst zu ihrem Versprechen, nicht für eine Große Koalition zur Verfügung zu stehen. So begann die Kanzlerin eher widerwillig, mit Grünen und FDP über „Jamaika“ zu verhandeln. Nach mehreren Wochen verließ schließlich die FDP unter dem Motto „besser nicht regieren, als falsch regieren“ die Verhandlungen. Wolfgang Kubicki (FDP) meint übrigens, die Kanzlerin habe darauf hin taktiert, dass die Verhandlungen scheitern, um einen Grund zu gewinnen, dass die SPD doch an einer Koalition teilnehmen müsse. Ob er recht hat, oder nicht: So kam es dann, und natürlich hat die SPD ihr Wort gebrochen, und die nächste „GroKo“ nahm ihre Arbeit auf. Die bis dahin amtierende geschäftsführende Regierung Merkel III hat übrigens die Geschäfte nicht geführt, denn sie hinterließ ein Land ohne verabschiedeten Haushalt.

Die Legislaturperiode wurde von drei wesentlichen Themen bestimmt: Der Konfrontation zwischen CSU und CDU im Streit um die Asylpolitik 2018, der Klimadebatte, die sich am Streit um den Hambacher Forst in Deutschland neu entzündete, und interational durch die Auftritte Greta Thunbergs und „Fridays for Future“ weltweite Aufmerksamkeit erhielt, und ab März 2020 der seither alles verdrängenden Coronakrise. Während der Asylstreit ein hausgemachtes Thema war, fiel mit der Klimadebatte der Regierung die eigenejahrelange Ignoranz und Untätigkeit auf die Füße. Und mit Corona gab es dann eine waschechte externe Krise zu managen.

Kanzlerin Merkel bekam zwar ihren vermeintlichen Willen nach einer Koalition mit der SPD, aber gleichzeitig war zunächst ein fortschreitender Kontrollverlust der Kanzlerin feststellbar. Den Anlass für die Regierungskrise von 2018 hat Merkel durch ihre verheerende Asylpolitik selbst geschaffen. Das anschließende Debakel bei der hessischen Landtagswahl zwang sie dann zum Verzicht auf den Parteivorsitz und der Ankündigung, nicht für eine fünfte Amtszeit als Kanzlerin zur Verfügung zu stehen. Das Flüchtlingsthema beruhigte sich zwar wieder, doch mit dem Hambacher Forst, Greta Thunberg und „Fridays for Future“, einer Welle von Demonstrationen von Schülern und Studenten gegen die verfehlte weltweite Klimapolitik, stand die nächste Großkrise vor der Tür, bei der die Regierung mehr als alt aussah. Die ex-Umweltministerin Merkel, die „Klimakanzlerin“ von 2007, führte jahrelang Regierungen, denen Umweltpolitik offensichtlich völlig egal waren, und wurde nun von den Folgen der eigenen Untätigkeit eingeholt wurde. Besondere Verdienste um die Merkelsche Klimapolitik hat sich Peter Altmaier (CDU) erworben; zuvor Umweltminister, dieses Mal dann Wirtschaftsminister.

Zur Corona-Krise wurde vielfach auf das Versagen der Regierung hingewiesen, z.B. auf die drei Maskenaffären. Die erste davon wurde von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verschuldet, nämlich die unlimitierte Beschaffungsausschreibung für Masken, bei der die Regierung dann nichtmal für die „Zeche“ zahlen wollte. Die zweite betraf das Parlament, nicht die Regierung. Und die dritte war albernes Gekreische der Opposition. Gerne genannt wird auch die Impfstoffbeschaffung Anfang 2021, oder die schon mehrfach unterbliebene Beschaffung von Luftfiltern für Schulen genannt. Das ist aber alles Kleinkram, verglichen mit den monatelangen Lockdowns, die unter falschen Versprechungen verhängt wurden. Im November 2020 ein „Lockdown Light“, damit wir ein schönes Weihnachtsfest feiern können. Ab Dezember 2020 dann richtiger Lockdown, „bis die Risikogruppen geimpft sind“. Als dann im Frühjahr die Risikogruppen geimpft wurden, kam mit der „Bundesnotbremse“ noch eine Verschärfung. Erst im Mai 2021 endete der Lockdown dann. Obwohl wir nun ziemlich viele geimpft haben – weitgehend alle, die geimpft werden wollten – ist ein Ende der Schikanen nicht in Sicht, eher im Gegenteil. Die Corona-Maßnahmen sind ein Gesamtkunstwerk aller Landesregierungen und der Bundesregierung, aber über allem schwebt das Kanzleramt mit Helge Braun und Angela Merkel, die ohne Sinn und Verstand Maßnahme um Maßnahme fordern, anstatt den Pandemiezustand zu beenden, wie es z.B. Dänemark und Großbritannien getan haben.

Immer einen Absatz wert ist das Verkehrsministerium – standesgemäß mit bestem CSU-Personal besetzt. Diese Legislatur war das Andreas Scheuer. Eines von dessen Großprojekten war die Gründung der Autobahn GmbH. Versprochen wurden Einsparungen, erbracht wurde eine Verdreifachung der Kosten. Aber wengistens sind wieder ein paar Berater von der Straße geholt worden. Ansonsten hat er die tollen E-Scooter zugelassen, mit denen jetzt die Innenstädte vollstehen. Freilich hat der Minister seinen Job getan: Er hat Gelder nach Bayern umgelenkt. Wie lautete noch gleich der Amtseid eines Bundesministers? Irgendwas mit „Kraft dem Wohle des bayerischen Volkes widmen“, oder?

Am Schluss der Legislaturperiode hat dann noch eine weiteres Feld des Versagens Früchte getragen: Afghanistan. Fast zwanzig Jahre hat Deutschland da – gegen den Mehrheitswillen der Deutschen – Krieg geführt. Kurz vor dem Jubiläum endet der von der NATO begonnene Krieg mit einer grandiosen Niederlage: Binnen weniger Wochen haben die Taliban Kabul eingenommen, bevor die Besatzer ihre Truppen, Diplomaten und die vielgenannten „Ortskräfte“ evakuiert hatten – so, wie es u.a. die deutsche Botschaft befürchtet hat. Das Außenministerium, geleitet von Heiko Maas (SPD), hat das ignoriert. Die Bundeswehr, angeführt von der gescheiterten kurzzeit-CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat erst spät eine Evakuierungsmission begonnen, als andere Länder schon dabei waren. Das Personal der Botschaft musste entsprechend von den USA zum Flughfen gebracht werden. Die Ausreise der „Ortskräfte“ wurde dann von Innen- (Horst Seehofer, CSU) und Außenministerium gemeinsam mit Bürokratismen, z.B. fehlenden Corona-Tests und fehlenden Ausweisdokumenten sabotiert. Gemessen an den Voraussetzungen lief die Evakuierung dann vergleichweise erfolgreich, auch wenn – welch Überraschung – auch einige nicht-Ortskräfte, die schonmal aus Deutschland abgeschoben wurden, von der Bundeswehr ausgeflogen wurden.

Angela Merkel tritt nach menschlichem Ermessen nach der Wahl als Kanzlerin ab. Viele weitere politische Horrorgestalten ihrer Zeit sind verschwunden, wie etwa Andrea Nahles, Karl-Theodor zu Guttenberg, Franz Müntefering, Annette Schavan, Philipp Rösler, Hans-Peter Friedrich, Christian Schmidt, Katharina Barley, um nur Bundespolitiker zu nennen. Andere stehen hoffentlich vor dem Ende ihrer politischen Karriere: Altersbedingt Wolfgang Schäuble und Horst Seehofer. „Flintenuschi“ von der Leyen sind wir noch nicht ganz los, aber geteiltes Leid ist halbes Leid: Ihr Wirkungsradius erstreckt sich nun auf die ganze EU. Ähnlich „Bundesuhu“ Steinmeier, der als Bundespräsident im politischen Ablinkbecken sitzt. Mit viel Glück werden auch Heiko Maas, Peter Altmeier, Helge Braun, Svenja Schulze, Andi Scheuer und Jens Spahn nicht mehr mit Regierungsaufgaben versehen. Am Schluss kann man nur sagen: Endlich, die Ära Merkel geht vorbei.

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