Eine Katze ist aus dem Sack: Stuttgart 21 wird um 1,1 Mrd. € teurer. Und nach Murphys-Gesetz (und allen Erfahrungen mit Großprojekten der jüngeren Vergangenheit) können wir sehr wohl (auch wenn Herrn Kefer das nicht passt) die 1,2 Mrd. € die als Risiken zusätzlich eingeplant werden müssen als tatsächliche Kosten verbuchen. Kleiner Zahlenüberblick: Kosten„deckel“: 4,5 Mrd €; Neue Kostenrechnung: 5,6 Mrd. €; Kosten inkl. Risiken: 6,8 Mrd. €.
Ich denke, dass ein vorzeitiges (wenn auch viel zu spätes) Ende des Wahnsinnsprojektes nun recht wahrscheinlich geworden ist. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass es bei der neuen Kostenkalkulation bleiben wird. Dazu, weil es momentan so scheint, dass Bund, Land und Stadt standhaft bleiben und die Mehrkosten nicht bezahlen. Damit müssen die immensen Mehrkosten alleine von der Bahn gestemmt werden – und die hat das nicht „mal eben in der Portokasse“. Und drittens wird sich die öffentliche Stimmung nach dem längeren abflauen wieder anheizen. Zum Abschluss noch einen Link auf einen aktuellen Kommentar von Arno Luik im Stern.
Kritischer Bericht im Stern über die Eigen-PR der Bundesregierung. Mir fällt da spontan die Brüderle'sche Wahlwerbung ein. Offenbar ist das Staatsdefizit nicht so schlimm, denn 450.000 € für einen Youtube-Kanal mit <1000 Zuschauern haben wir offenbar übrig. Statt ehrlicher, anständiger Öffentlichkeitsarbeit setzt man auf PR-Maßnahmen, d. h. Täuschungsmanöver. Und das perfide: Wir bezahlen dafür, belogen zu werden (Und danken es dann noch mit der Wiederwahl).
Auch die Zeitungen – hier die FAZ – sind in diese PR-Arbeit eingebunden und machen allem Anschein nach fröhlich mit. Angesichts der Tatsache, dass weltweit Werbung und PR ggü. Sacharbeit an Bedeutung gewinnen, drängt sich mir die Frage auf, ob nicht Werbung und PR bereits zum Selbstzweck geworden sind, also quasi das Parkinson'sche Gesetz hier Anwendung findet. Die beworbenen Produkte und Unternehmen könnten in der Versenkung verschwinden – das Marketing würde weiter wachsen.
Überraschung beim bestgeplanten Projekt Deutschlands: Es wird Winter. Wie jedes Jahr bereitet dieses überraschende Wetterphänomen der Deutschen Bahn neues Kopfzerbrechen. Diesmal, weil man Stuttgart Hbf blindlingswohlgeplant zerstört hat.
Der Abriss der Seitenflügel erweist sich damit immer mehr als brilliante Idee, da ja abgesehen von dem veränderten Mikroklima im Bahnhof (Starkwinde, die abgesehen davon, dass sie unangenehm für die Reisenden sind, ggf. die Statik der Bahnsteigsdächer beeinträchtigen; Eisglätte auf Bahnsteigen und in der Empfangshalle), auch über Auswirkungen auf die Standsicherheit des Rests vom Bonatz-Bau spekuliert wurde. Da man das Hauptgebäude ja erhalten will, könnte sich hier ein neues Fass ohne Boden auftun. Auch die Problematik des unangenehmen Klimas auf den Bahnsteigen könnte ein langfristiges werden, da die Stilllegung des alten Bahnhofs keineswegs so sicher ist, wie behauptet wird:
Auf Tunnelstrecken mit Bahnhöfen dürfen in der Regel (so auch im Tunnel von Stuttgart 21) keine Dieselfahrzeuge verkehren. Das hat eine Benachteiligung derjenigen Betreiber von Strecken zur Folge, die Dieselfahrzeuge einsetzen. Das Eisenbahnbundesamt könnte wegen der Ansprüche der Nutzer der Strecken einen Rückbau des alten Bahnhofs untersagen.
Die Anzahl der insgesamt bestehenden Risiken und der bereits eingetretenen sowie der noch eintretenden Schäden und Zerstörungen ist damit inzwischen einigermaßen beträchtlich:
Entstandene Schäden:
- Seitenflügel des Bahnhofs abgerissen: Auswirkungen auf Mikroklima und Statik der verbleibenden Anlagen
- Gleisfeld verschwenkt: Führte zu reproduzierbaren Entgleisungen auf Gleis 10
- Zahlreiche Bäume im Schlosspark gefällt
Zu erwartete Schäden:
- Mit einiger Sicherheit werden Bergschäden an Gebäuden in der Stadt entstehen. Vergleichbares konnte man beim U-Bahn-Bau in Köln feststellen (u.a. das Stadtarchiv).
- Der Abtransport des Aushubs aus dem Tunnel wird angesichts der Menge zu Straßenschäden führen
Risiken:
- Fehlende Erlaubnis zur Entwidmung und zum Abriss der oberirdischen Gleisanlagen. Damit sind die Nutzung der freiwerdenen Flächen und durch den Verkauf entstehende Einnahmen ungewiss
- Mängel im Brand- und Katastrophenschutz machen sowohl die Genehmigung als auch das Leben der Fahrgäste im Falle einer Genehmigung unsicher