PKEuS' Blog

über Welt-, Politik- und Wirtschaftsgeschehen

Am 22.09.2013 wählt Deutschland einen neuen Bundestag. Im beginnenden Endspurt zur Wahl möchte ich mich jede Woche zu einem Wahlthema zu Wort melden. Nach der „Ausschließeritis“, den Koalitionsoptionen, den Wahlkampfstrategien und der Untersuchung der Regierungsarbeit der alten Regierung stellt sich nun noch die Frage: Und was ist nach der Wahl?

Dass es nach der Wahl ein Erwachen gibt, früher oder später, ist abzusehen. Das Land wurde von Angela Merkel in einen Tiefschlaf, eine Art Trance versetzt und wer schläft, erwacht irgendwann. Einiges deutet darauf hin, dass es ein recht baldiges Erwachen gibt: Die bisherige Regierung hat viele Früchte geerntet, aber wenig ausgesät, was die nächste Regierung ernten kann. Nun kann eine Regierung auch ohne die Vorarbeit der Vorgänger gute Arbeit leisten: Wenn sie einen Politikwechsel einleiten will, denn dann möchte sie die zweifelhafte Arbeit der Vorgänger ja kaum vollenden. Eine Schwarz-Rote oder Schwarz-Gelbe Regierung, die wohl wahrscheinlichsten Resultate der Wahl, stehen nicht für einen Politikwechsel. Entsprechend konzeptlos stünden diese Regierungen da, entsprechend schnell werden sie aller Voraussicht nach in der Kritik stehen.

Darüber hinaus sind die Vorboten eines politischen Erdbebens bereits vor der Wahl zu vernehmen gewesen: Wolfgang Schäuble, beileibe kein politischer Anfänger sondern vielmehr ein gewiefter Taktiker, plaudert öffentlich über ein mögliches weiteres Hilfspaket für Griechenland, dass allerdings nur einen kleinen Umfang haben werde. Bei dieser Regierung zu glauben, Schäuble habe das in einem Anfall von Aufrichtigkeit zu Protokoll gegeben, wäre naiv: Schäuble weiß, welche Saat die Regierung ausgebracht hat und er kann (inzwischen) auch abschätzen, wie die Ernte ausfällt. Um die oben geschilderte Problematik abzuschwächen, kündigt er ein „kleines“ Hilfspaket an, dass wahrscheinlich nötig werde. Damit ist die kommende Regierung, so sie denn Schwarz-Gelb ist, vom Vorwurf des Wahlbetrugs reingewaschen. Tatsächlich wäre aber ein kleines Hilfspaket weder problematisch durchzusetzen noch so eilig, dass man es nicht ein wenig nach der Wahl hinauszögern könnte. Der Schluss, dass das Loch um ein vielfaches größer ist, dass möglicherweise ein Rettungspaket ungeahnten Ausmaßes geschnürt werden muss, liegt dabei nahe.

Abwegig ist es keineswegs, dass die Lage in Griechenland, Portugal, Spanien, Italien und Irland nicht so rosig ist, wie Regierung und EU uns erklären. Zwar können Scheinerfolge wie eine geringere Neuverschuldung bei der Regierung gute Laune hervorrufen, aber die Fakten verändern kann die Lautstärke des Jubels nicht. Bei geringerer Neuverschuldung oder einem ausgeglichenen Primärhaushalt, von dem die Bundesregierung ja zuletzt für Griechenland und Deutschland träumte, werden weiterhin neue Schulden aufgenommen. Die Wirkung des Schuldenschnitts für Griechenland ist dadurch bereits vollständig absorbiert worden. Den Maßnahmen, die gegen diese Probleme unternommen werden, fehlt dabei jedes logisches Fundament, wie der gesamten Schwäbische-Hausfrau-Theorie der „Merkelnomics“.

Angenommen, die Hypothese, dass in Griechenland oder einem anderen Land ein gewaltiges Finanzierungsloch der Regierung breits bekannt ist, trifft zu. So ist trotzdem nicht mit einem sofortigen Knall direkt nach der Regierungsbildung zu rechnen – zumindest nicht, wenn es eine Regierung mit CDU- oder FDP-Beteiligung gibt. Eine rasche Bekanntgabe wäre, trotz der Vorbereitung der Öffentlichkeit durch Schäubles scheibchenweises Herausrücken mit der Wahrheit, denkbar ungeschickt. So wurde in Dortmund am Tag nach der Kommunalwahl ein großes Haushaltsloch mit Haushaltssperre bekanntgegeben, was für den Bürgermeister heftige Vorwürfe und eine vor Gericht erzwungene Neuwahl zur Folge hatte. Trotzdem wir der Zeitpunkt dann nicht lange auf sich warten lassen – die Tatsache, dass man sich genötigt sah, bereits vor der Wahl die ersten Andeutungen zu machen, ist ein starkes Indiz.

Eine Woche vor der Wahl bleibt dann nur noch eines zu sagen: Gehen Sie wählen! Die Demokratie kann ohne den Einsatz des Volkes nicht überleben, Regierungen schon. Wer nicht zur Wahl geht, wählt mit der Mehrheit und legitimiert automatisch die Regierung, ohne Einfluss zu haben, wie diese aussieht. Wer wählen geht, setzt sich für die Demokratie, die Herrschaft des Volkes ein, nicht für die Politik. Eine Wahl hat man übrigens immer; Wem keine einzige Partei zusagt, hat noch immer die Möglichkeit, ungültig zu stimmen. Damit verändert man nichts an der Sitzverteilung des Parlaments, aber es ist eine Botschaft des Protests.

Gegenwart